Lausitzer Rundschau: Großbritannien und Dänemark kündigen Truppenabzug an: Bush allein im Irak
Cottbus (ots)
Londons Premierminister Tony Blair hat mit seiner gestrigen Erklärung eine späte, für ihn zu späte Konsequenz aus dem Irak-Abenteuer gezogen. Der heute 53-Jährige galt in Großbritannien und auch darüber hinaus lange als Politiker einer neuen Art: jung und mediengewandt, kompetent und durchsetzungsstark, erfolgreich und vertrauenswürdig. In drei aufeinanderfolgenden Wahlen bestätigten ihn die Briten. Mit seiner vorbehaltlosen Zustimmung zum Irak-Krieg von Bush begann aber der Abstieg des einstigen "Wunderkindes". Kritiker schimpften ihn - wegen seiner uneingeschränkten Partnerschaft mit Washington - sogar den "Pudel" des US-Präsidenten. London hatte im Vorfeld des Irak-Kriegs argumentiert, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze. Was bereits damals stark angezweifelt wurde, erwies sich später in der Tat als falsch. Blair wurde beschuldigt, vorliegende Indizien einer irakischen Bedrohung massiv übertrieben zu haben. Eine Untersuchungskommission entlastete den britischen Premier zwar, in der Öffentlichkeit blieb aber der Eindruck bestehen, er habe die Wahrheit gebogen bis zur Lüge. Das "Wunderkind" hatte seine politische Unschuld verloren. Im Herbst dieses Jahres wird er seinem Nachfolger Platz machen. Wie dem Regierungschef erging es auch seinen Truppen im schiitischen Süden des Landes. Zwar ist ihr Ruf besser als der der US-amerikanischen. Aber mit der Irrationalität der irakischen Gewalt verschoben sich auch für die Soldaten ihrer Majestät die moralischen und ethischen Grenzen. Inzwischen betrachten viele die Iraker als ihre Feinde - was auf Gegenseitigkeit beruht. 132 britische Soldaten kamen bislang in und um Basra ums Leben. Tony Blair setzt mit der Truppenreduzierung noch einmal ein Zeichen, stellt London doch mit 7200 Mann das zweitgrößte Kontingent im Irak. Die einstige "Koalition der Willigen" bröckelt nicht nur, sie fällt geradezu in sich zusammen. Die schrittweise Verlegung von Briten und Dänen in die Heimat droht für Bush zum Katalysator für den Abzug auch der US-Soldaten zu werden. Für die Amerikaner stellt sich aber nicht nur die Frage, diese Löcher stopfen zu können, sondern auch, ob sie dies überhaupt noch wollen. Denn auch in den USA werden die Stimmen für einen Rückzug aus dem Irak immer lauter. Im Repräsentantenhaus missbilligte bereits eine klare Mehrheit der Abgeordneten die Entsendung weiterer Soldaten. In Kürze will Bush für die Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan vom Kongress mehr als 140 Milliarden Dollar bewilligt bekommen. Parlamentschefin Nancy Pelosi machte unter Verweis auf den Wählerwillen bereits deutlich, was für die Demokraten ein Kriterium für deren Ja oder Nein sein wird - "ein Signal für einen Richtungswechsel, der unsere Truppen sicher und bald zurückbringen wird".
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