Lausitzer Rundschau: Das Verfassungsgericht zum Fall "Cicero" Respektlos
Cottbus (ots)
Dies war gestern wieder eine der klaren, unmissverständlichen Lektionen der Verfassungsrichter. Sie ging diesmal nicht an den Gesetzgeber, sondern an die Bundesregierung, die Strafverfolgungsbehörden und auch an Gerichte in Brandenburg. Deren Diensteifer bei der Ermittlung einer undichten Stelle im Behördenapparat war nicht nur unverhältnismäßig, sondern vor allem ein Angriff auf die Pressefreiheit. Zufrieden zurücklehnen kann sich angesichts der Wachsamkeit der obersten Richter dennoch keiner. Denn dieses Urteil ist ja nur Teil einer immer länger werdenden Liste von Stoppsignalen an die anderen Verfassungsorgane, die offensichtlich immer weniger Gespür entwickeln für die Grenzen gesetzgeberischer und behördlicher Allmacht. Und hätte nicht Bundespräsident Horst Köhler bei der Privatisierung der Flugsicherung schon vorbeugend eingegriffen, wäre sie inzwischen schon vor dem Urteil zu den Polizeiaktionen gegen die Zeitschrift "Cicero" weiter angeschwollen. Da stimmt ganz grundsätzlich etwas nicht, wenn solche richterlichen Eingriffe notwendig werden, um Kernbereiche des Grundgesetzes, wie in diesem Falle die Pressefreiheit, vor einer schleichenden Aushöhlung zu bewahren. Es kommt ganz zwangsläufig die Frage auf, worauf diese Respektlosigkeit beruht, mit der Ministerialbürokraten und Abgeordnete die guten Grundsätze unseres Zusammenlebens infrage stellen. Ihnen ist bei der Regelungswut der vergangenen Jahre der Grundsatz abhanden gekommen, dass es im Zweifelsfalle immer besser ist, die Gesellschaft unbehelligt zu lassen vom besserwisserischen oder aber selbstbezogenen Zugriff staatlicher Organe. Die befinden sich in der Wahnvorstellung, ohne oder gegen sie gehe nichts mehr. Deswegen wird eine Redaktion traktiert, nur weil der angebliche Verräter eines längst enthüllten Geheimnisses sich nicht freiwillig gemeldet hat. Für den Schaden, der dabei angerichtet wird, ist leider keiner verantwortlich zu machen.
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