Lausitzer Rundschau: Koalition will Betreuungsbedarf ermitteln Rolle rückwärts
Cottbus (ots)
Die jüngste Koalitionsrunde ging aus wie das Hornberger Schießen. Bei den Reizthemen Bleiberecht und Mindestlohn tritt Schwarz-Rot praktisch weiter auf der Stelle. Und im alles überragenden Streit um den Ausbau der Kleinkinderbetreuung kündigt sich sogar eine Rolle rückwärts an. Familienministerin Ursula von der Leyen ist dann auch die große Verliererin des nächtlichen Gezerres in Berlin. Wer nach den Ursachen fragt, der wird bei der Kanzlerin fündig. Angela Merkel hat sich lange bedeckt gehalten und die Dinge einfach treiben lassen. Nachdem sich der Widerstand besonders in den unionsregierten Ländern an der ungeklärten Finanzierung fest machte, knickte Merkel kurzerhand ein. Nun soll also erst einmal ermittelt werden, wie viele Betreuungsplätze die Nation überhaupt braucht. Frei nach der Devise, zurück auf Los. Das ist eine politische Blamage. Mit ihr scheint die Hoffnung zu zerbröseln, dass die Bedürfnisse vieler Familien endlich in Regierungspolitik gegossen werden. Im Bundesdurchschnitt gibt es nur für jedes zehnte Kind unter drei Jahren einen Krippenplatz. Und selbst diese magere Quote ist noch geschmeichelt, weil in den neuen Bundesländern und Berlin praktisch Vollversorgung herrscht. Wenn eine Frau in Sachsen-Anhalt schwanger wird, dann weiß sie, dass die ausreichend vorhandene Betreuung eine zügige Rückkehr an ihren Arbeitsplatz garantiert. Sie muss das nicht, aber sie kann es. Dagegen lebt eine Schwangere in Bayern oder Baden-Württemberg von vornherein in dem Bewusstsein, jahrelang daheim bleiben zu müssen, um für den Nachwuchs zu sorgen. Es geht um echte Wahlfreiheit, die den meisten Frauen in den alten Ländern verwehrt bleibt. Gerade deshalb ist das Schlagwort von der Bedarfsermittlung auch so verlogen. Das einzig sinnvolle Kriterium für eine Betreuungsoffensive ist ein baldiger Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Wer das nicht glaubt, sollte sich die positive Entwicklung bei den Kindergärten vor Augen halten. Ob CDU und CSU allerdings wirklich noch an einem Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für die Jüngsten interessiert sind, steht seit der Koalitionsrunde wieder infrage. Einen Gefallen haben sie sich damit nicht getan. Sah es bis eben noch so aus, als würde Ursula von der Leyen die Genossen vor sich her treiben, gilt nun erst einmal ein Beschluss aus rot-grünen Zeiten als leuchtendes Vorbild. Demnach sollen bis 2010 rund 230 000 Plätze für die unter Dreijährigen geschaffen werden. So überlässt die Union den Genossen das familienpolitische Feld. Das ist mehr als ein taktischer Schnitzer.
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