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Lausitzer Rundschau: Die Bemühungen um die EU-Verfassung: Hinter verschlossenen Türen

Cottbus (ots)

Mit bemerkenswertem Geschick und einigen
Erfolgsaussichten versucht Angela Merkel, in den wenigen Monaten 
ihrer EU-Ratspräsidentschaft die Weichen zu stellen für einen 
europäischen Neuanfang. Dies ist angesichts der unsicheren 
politischen Verhältnisse in vielen Mitgliedsstaaten und der Wechsel 
an der Spitze der wichtigsten Partnerländer eine überaus schwierige 
Angelegenheit. Wenn es - und dafür spricht einiges - tatsächlich 
gelingen sollte, einen Fahrplan für einen neuen Vertrag zu finden, 
wäre dies das außenpolitische Meisterstück der Bundeskanzlerin.
Die Krise der EU wird sie auf den von ihr eingeschlagenen Wegen 
allerdings nicht lösen. Denn sie besteht im Kern darin, dass die 
Union weiter vor allem eine Sache der Diplomaten und Politiker, nicht
aber der Völker Europas bleibt. Das klare Nein in zwei Ländern und 
die breite Zustimmung in einigen anderen bei Volksentscheiden können 
aber nicht ausschließlich in umfangreichen Verhandlungsrunden hinter 
verschlossenen Türen bewältigt werden.
Was jetzt versucht wird, ist ein mühsames Manöver zur Umgehung der 
politischen Auseinandersetzung mit dem Souverän, den Völkern des 
Kontinents. Es rächt sich dabei, dass der Verfassungskonvent erst für
die Zeit nach Inkrafttreten seines Entwurfes die Union mit Elementen 
einer eigenen Staatlichkeit ausstatten wollte und dem Europäischen 
Parlament die Mitwirkung bei grundsätzlichen Fragen erlaubte. Statt 
dessen hat man sich zur Durchsetzung der Verfassung ausschließlich 
und irrtümlicherweise auf die altbekannten Mechanismen verlassen.
Dabei haben die Franzosen und Niederländer in den Referenden nicht 
mitgespielt und deswegen wird jetzt der Schritt zurück probiert.
Dass dazu keine Alternative erkennbar scheint, hat mit dem 
Selbstbewusstsein und der Durchsetzungskraft der Akteure zu tun.
Denkbar wäre es allerdings auch, den Weg frei zu machen für eine 
unionsweite Volksbefragung zu den wesentlichen Bestandteilen des 
jetzigen Entwurfes der Verfassung. Und wenn der mit einem Quorum - 
etwa einer Zweidrittelmehrheit - versehen wäre, dann würden auch die 
größten Zweifler allmählich verstummen.
Dies setzte eine breite, entschlossene und vor allem gleichzeitige 
Mobilisierung in allen Mitgliedsländern voraus. Aber nur, wenn solch 
ein großes Bündnis der europawilligen aus Politik, Wirtschaft und 
Kultur gelingt, ist auch der entscheidende Schritt zu einer 
allmählichen europäischen Einigung getan.
Sicher wäre solch ein Versuch mit großen Risiken verbunden. Aber auf 
Dauer wird das Europa der diplomatischen Verhandlungen hinter 
verschlossenen Türen sowieso nicht funktionieren.

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