Mitteldeutsche Zeitung: MZ-Kommentar zu Tschechien
Halle (ots)
All das lässt sich nur so deuten, dass es einer großen Zahl von Menschen in Tschechien eben nicht zuerst um die Demokratie geht, die Vaclav Havel und seine Mitstreiter vor 30 Jahren erkämpft haben. Eine Viertelmillion Demonstranten ist zwar viel, in einem Land mit zehn Millionen Einwohnern aber eine Minderheit. Die Mehrheit scheint sich um politische Fakten oder gar das Staatswohl nicht zu scheren. Dafür spricht auch, dass die ökonomische Lage glänzend ist. Dennoch halten viele Menschen zu einer Partei, deren Kürzel ANO für "Aktion unzufriedener Bürger" steht. Woher nur kommt dieser verbreitete Frust? Die gewaltigen Anstrengungen seit 1989 haben ein hohes Maß an Erschöpfung erzeugt. Die Gesellschaften im östlichen Europa bewegen sich am Rand kollektiver Burnouts. Und wer keine Kraft mehr hat, der neigt zur Frustwahl.
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