Stuttgarter Zeitung: Kommentar zum Wahlausgang in Israel
Stuttgart (ots)
Das Ergebnis der Parlamentswahl birgt eine große Chance für Israel. Es bietet die Möglichkeit, den Einfluss der extremen Parteien im Land zurückzudrängen. Zu lange haben Ultrareligiöse und Ultranationalisten mit Erfolg die Interessen ihrer Anhängerschaft verteidigt und der politischen Mitte des Landes ihren Willen aufgezwungen. Kaum ein junger Israeli etwa versteht, warum die Frommen keinen Wehrdienst leisten.
So ist auch der Aufstieg von Jair Lapid zu verstehen. Der smarte Politikneuling ist das liberale Gegenbild zu Premier Benjamin Netanjahu. Er hat seinen Anhängern im Wahlkampf versprochen, sich für ein moderneres und gerechteres Israel starkzumachen. Damit ist er der Hoffnungsträger jener Israelis geworden, die sich von der ideologisch aufgeladenen Politik nicht mehr vertreten sehen. Die Menschen wollen, dass sich jemand um die Probleme des alltäglichen Lebens kümmert, sie wollen eine gute soziale Absicherung, bezahlbare Mieten und ein gerechtes Steuersystem.
Und noch etwas hat die Wahl gezeigt: der Friedensprozess mit den Palästinensern und den arabischen Nachbarn ist den meisten Israelis im Moment ziemlich egal. Es wäre also an der Zeit für eine Neuausrichtung der israelischen Politik. Die Gefahr ist aber groß, dass diese Chance im Geschacher um Posten und Macht vertan wird.
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