Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu Europawahl
Stuttgart (ots)
Unter dem Demokratiedefizit Europas verstehen nicht wenige, dass es überhaupt Entscheidungen gibt, die nicht mehr auf nationaler Ebene fallen. Wer dies dagegen akzeptiert, stellt dennoch fest, dass bei der Verlagerung von Kompetenzen auf die europäische Ebene das elementare Prinzip der Gewaltenteilung nicht ausreichend mitgewandert ist. Am klarsten erfüllt noch der Europäische Gerichtshof seine Aufgabe - jenseits dessen wird es kompliziert: Dem Europaparlament fehlen Initiativrecht und Budgethoheit, die EU-Kommission ist nur in ausgewählten Politikfeldern eine echte Regierung, zumal in der Krise die Staats- und Regierungschefs vieles an sich ziehen. Es gehört guter Wille dazu, dieses System zu verstehen.
Die Europawahl 2014 verspricht nun mehr Durchblick und institutionelle Klarheit. Das Europaparlament muss nicht länger einen Kommissionspräsidenten wählen, den die Staats- und Regierungschefs ausgekungelt haben. Stattdessen wird es einen öffentlichen Wettbewerb um diesen Posten geben. Ein gewähltes Gesicht wird nicht nur die offen angezweifelte Legitimität Europas stärken. Es wird auch zwischen den EU-Institutionen eine bessere Machtbalance geben. Jetzt muss sich der Wähler nur noch interessieren - was freilich schon vor der Eurokrise bei Europawahlen alles andere als selbstverständlich war.
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