Stuttgarter Zeitung: Philosoph Safranski: Single-Gesellschaft erzeugt Panik
Stuttgart (ots)
In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung (Samstagsausgabe) hat der in München lebende wertkonservative Philosoph Rüdiger Safranski sich skeptisch über die Krise der Familie in Deutschland geäußert, aber auch ausführlich sein Engagement für das "Zentrum gegen Vertreibungen" begründet. Der Mensch sei anthropologisch gesehen "ein Familientier", erst in neuester Zeit beginne sich das zu verändern. "Es entwickeln sich Single-Naturen, über deren geistige Existenz sich schon einiges sagen lässt." In Familien und Großfamilien beispielsweise sei früher der Umgang mit dem Tod schon aufgrund der Familiengrößen "wie selbstverständlich" erlernt worden. Eine atomisierte Single-Gesellschaft aber werde den Tod verdrängen und "neue Panikgefühle" schaffen. "In der Summe führt das zu einer dramatischen Unreife in der Gestaltung des Lebens", meint Safranski. Ein weiteres Beispiel sei, dass für kinderlose Singles das Denken in Generationsketten seine Bedeutung verliere. "Sie verhalten sich also mehr und mehr als Endverbraucher, die sich selbst als Ende der Fahnenstange sehen. Wenn diese Mentalität an die Macht kommt, ist keine Zukunftspolitik mehr möglich." Safranski sagte, dass er sich für das in Berlin geplante "Zentrum gegen Vertreibungen" eingesetzt habe, als ihm klar wurde, das dieses nicht die Politik der Heimatvertriebenenverbände fortsetze und keine revanchistischen Ziele verfolge. Der Widerstand, den das Zentrum ausgelöst habe, zeige, dass die Vertreibungen "eine offene Wunde" seien und "in unsere Erinnerungskultur" gehörten. Die Eltern des in Rottweil geborenen Safranski, der mit Peter Sloterdijk das "Philosophische Quartett" im ZDF moderiert, stammen aus Königsberg.
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