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Stuttgarter Zeitung: IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel über die geplanten Streiks und Lohndumping: Kollateralschäden in der Bauindustrie möglich

Stuttgart (ots)

STUTTGART. Der geplante Streik bei
Baugewerbebetrieben in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wird auch
die Bauindustrie treffen. "Es kann dort zu Kollateralschäden kommen, 
wo die Industrie und das Handwerk gemeinsame Baustellen haben", sagte
der Vorsitzende der Baugewerkschaft (IG Bau), Klaus Wiesehügel, im 
Interview der "Stuttgarter Zeitung" (Samstagausgabe). Es werde nicht 
gehen, dass die eine Hälfte der Baustelle streike, während die andere
Hälfte weiterarbeite. "Das werden die Kollegen aus der Industrie 
nicht machen. Aus Solidarität werden sie mitstreiken", kündigte 
Wiesehügel an. Rechtlich sei das gedeckt, da die Friedenspflicht 
gegenüber allen Unternehmen aufgehoben sei.
Die IG Bau will die Arbeitgeberverbände in Niedersachsen und 
Schleswig-Holstein zwingen, die Schlichtungsvereinbarung 
anzuerkennen. Von den Arbeitsniederlegungen könnten auch Baustellen 
in den anderen Bundesländern betroffen sein. Ein bundesweiter 
Flächenstreik sei aber nicht geplant, so Wiesehügel. Es bleibe bei 
dem Regionalbezug.
Der Vorsitzende zeigt sich bereit für Gespräche mit den abweichenden 
Baugewerbeverbänden, lehnt Veränderungen am Schlichtungsergebnis 
jedoch ab. "Das geht schlichtweg nicht, weil dann die Zusicherung der
anderen Verbände inklusive Ostdeutschland neu eingeholt werden 
müsste", sagte er. Jede Veränderung würde bundesweit gelten. "Dann 
käme der Nächste, dem das Ganze nicht gefällt. So etwas kann ich 
nicht zulassen." Ein Flächentarifvertrag mit der Bauindustrie und dem
Bauhandwerk könne sich nur auf die Mehrheit der Beteiligten stützen. 
Der Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen Verbandes, Hans Espel,
der eine neue Öffnungsklausel gefordert hatte, nehme sich zu wichtig,
kritisierte Wiesehügel. "Wir haben einen Schlichtungsspruch für ganz 
Deutschland gemacht, der von allen Beteiligten unterschrieben wurde. 
Jetzt kann nicht ein Hauptgeschäftsführer, der ein erbitterter Gegner
der Flächentarifverträge ist, unerfüllbare Forderungen an uns 
richten."
Mit Blick auf immer mehr Fälle von Lohndumping im 
Reinigungsgewerbe warf der Gewerkschaftsvorsitzende den Politikern 
vor, die Ausbeutung von Arbeitnehmern zu fördern. "Die Verkommenheit 
bei den Unternehmern ist ein Produkt von Politik", betonte er. "Sie 
werden geradezu ermuntert, Arbeit zu niedrigsten Löhnen anzubieten, 
weil es im Grunde eine soziale Tat sei." Wenn politisch die Richtung 
Niedriglohn eingeschlagen werde und "solche dummen Parolen wie 
,Sozial ist, was Arbeit schafft' geprägt werden, dann ist das ein 
Signal an die Arbeitgeber, wonach Arbeit für jeden Preis zu haben 
ist". Das sei besonders in den Bereichen zu spüren, wo die 
Gewerkschaften nicht so durchsetzungsstark seien. Wiesehügel: "Die 
Politik ist ein großes Stück dafür verantwortlich, dass Deutschland 
zum Lohndumpingland geworden ist."

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