BVSE Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.
Zugangsmanipulation und Preisexplosion bei Müllverbrennungsanlagen: BVSE fordert diskriminierungsfreien Zugang zu Müllverbrennungsanlage
Bonn (ots)
Eine ernüchternde Halbjahresbilanz legte der Präsident des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse), Hans Jürgen Cierzon, für seine Branche vor. Eine Umfrage bei Mitgliedsunternehmen des Verbandes ergab ein schwaches Umsatzwachstum von nur einem halben Prozent in den ersten sechs Monaten dieses Jahres.
Spezifische Unternehmenslage mehrheitlich unbefriedigend
Die Prognose für die zweite Jahreshälfte deutet auf keine Besserung. Rund ein Drittel (33 Prozent) der Befragten werten ihre spezifische Unternehmenslage als ausreichend, vier Prozent nennen ihre Lage mangelhaft und 15 Prozent ungenügend.
Entsprechend negativ beurteilen die vor allem mittelständisch geprägten Mitgliedsunternehmen des bvse die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Rund 82 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die Regierungspolitik als negativ, nur zwei Prozent sehen positive Effekte.
"Das Jahr 2005 ist ein Sonderjahr", erklärte Cierzon auf der Halbjahrespressekonferenz des bvse. Der Stichtag zum Inkrafttreten der TA Siedlungsabfall (1. Juni) und die Übernahme des ehemaligen Marktführers (RWE-Umwelt AG) durch den jetzigen Branchenriesen REMONDIS hätten große Auswirkungen auf die gesamte Entwicklung.
Missbrauch von Monopolstellungen entgegenwirken
bvse-Präsident Cierzon machte deutlich, dass der bvse es immer befürwortet habe, Regelungen zu schaffen, die eine Deponierung von unbehandelten Siedlungsabfällen verbiete. Die ersten 20 Tage nach Inkrafttreten der TASi hätten jedoch gezeigt, dass einige Anlagenbetreiber "ohne Rücksicht auf die guten Sitten ihre regionalen Monopolstellungen missbrauchten, um Wettbewerber aus dem Feld zu boxen".
Cierzon kritisierte, dass binnen Monaten die Preise für Vorbehandlung um durchschnittlich 300 Prozent gestiegen seien. Diese Preisentwicklung sei mit den höheren Kosten der jetzt vorgeschriebenen Abfallvorbehandlung nicht mehr zu erklären.
Ins Bild passe, dass ausgerechnet zum Spitzenandrang (1. Juni) Müllverbrennungsanlagen, "in Revision gehen", also überholt werden und damit dem Markt entzogen werden. "Das stinkt zum Himmel", so Cierzon. Damit werde faktisch die Anlagenkapazität weiter verknappt, um an der Preisschraube zu drehen. "Das ist nicht mehr trickreich, man könnte dieses Phänomen auch als dreisten Preispoker bezeichnen", erklärte der bvse-Präsident. Zusätzlich beförderte die bvse-Umfrage deutliche Wettbewerbsverzerrungen zu Tage. Rund 70 Prozent der mittelständischen Unternehmen beklagten, dass Müllverbrennungsanlagenbetreiber die konzerneigenen oder -abhängigen Unternehmen gegenüber der mittelständischen Konkurrenz in der Preisgestaltung klar bevorzugten.
Darüber hinaus würden "Qualitätsmängel" der von Konkurrenzunternehmen angedienten Ware als Begründung vorgeschoben, um die Vorbehandlung abzulehnen und so das jeweilige Unternehmen aus dem Markt zu drängen.
Es entstünde der Eindruck, dass hier "eine Marktbereinigung zu Lasten des Mittelstandes vorgenommen werden soll", warnte der bvse. Es dürfe nicht sein, dass entsprechende Anlagenbetreiber, die ihre öffentlichen Genehmigungen seinerzeit aus umwelt- und regionalpolitischen Gründen erhalten hätten, diese Monopolstellung heute gegen Wettbewerber missbrauchten.
Preistransparenz und Kontrolle der Anlagen gefordert
Cierzon wies darauf hin, dass diese Preisexplosion natürlich voll zu Lasten der gesamten gewerblichen Wirtschaft gehe. Es könne nicht im Sinne der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung sein, wenn hier eine unverhältnismäßige, steuerähnliche Kostenerhöhung auf die Wirtschaft zukomme. "Wir brauchen deshalb Transparenz bei den Preisen, Kontrolle der Anlagen und faire Wettbewerbsbedingungen für die andienenden Unternehmen", forderte der bvse-Präsident.
Die Politik sei vor diesem Hintergrund zum Handeln aufgefordert. "In sofern begrüßen wir es, dass eine notfalls erforderliche Regulierung der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu Müllverbrennungsanlagen eine immer breitere politische Unterstützung findet", stellte Hans Jürgen Cierzon abschließend fest.
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