E-Government aus privater Hand - Vater Staat setzt auf Outsourcing
Hamburg (ots)
Bis Ende 2009 planen die Kommunen in Deutschland, Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen aus dem Ausland elektronisch anbieten zu können. Das fordert die neue Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union. An der Umsetzung hapert es jedoch: Vielen Gemeinden fehlen das nötige Know-how sowie die Kapazitäten, um die IT-Landschaften und Verwaltungsabläufe anzupassen. Rund ein Drittel aller Kommunalverwaltungen plant deshalb, zentrale E-Government-Aufgaben an externe Dienstleister auszulagern. Zwölf Prozent wollen auch Verwaltungsprozesse in die Hände privater Unternehmen geben. Die dafür notwendigen Outsourcing-Strategien unterscheiden sich dabei im Detail erheblich. Das ergibt die Studie Branchenkompass Public Services 2007 von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.
Um Europas Bürgern und Unternehmern effizientere Behördendienste zu bieten, planen Deutschlands Verwaltungen eine engere Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor. Rund drei Viertel aller befragten Entscheider wollen künftig stärker mit IT-Dienstleistern und Beratungsunternehmen kooperieren. Fast die Hälfte der Gemeinden setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus ihrer Region. Gründe dafür sind standortpolitische Erwägungen sowie der Wunsch nach einer zuverlässigen Betreuung vor Ort. Rund ein Drittel der Regionalverwaltungen will Aufbau, Betrieb und Wartung ihrer E-Government-Portale von externen Dienstleistern betreuen lassen. Jede fünfte Behörde plant sogar, die Behörden-IT vollständig auszulagern, um die Anforderungen der EU-Richtlinie umsetzen zu können.
Deutlich geringer ist gegenwärtig noch die Bereitschaft, neben technischen Diensten ganze Verwaltungsprozesse auszulagern. Zumindest jede zehnte Kommune in den alten Bundesländern kann sich vorstellen, einzelne Verfahren an Private zu delegieren. In den ostdeutschen Ländern will sogar jede sechste Verwaltung ihre Prozesse an Unternehmen auslagern. Nur ein komplettes Outsourcing der Verwaltungsprozesse erwägt derzeit nahezu keine Behörde.
Insgesamt will die Mehrheit der Gemeinden bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf bewährte Strukturen zurückgreifen: So sprechen sich 76 Prozent der Befragten für informelle Kooperationen aus, die bereits mit Verbänden und Verwaltungsinstitutionen unterhalten werden. Daneben ist immerhin die Hälfte aller Verwaltungen bereit, sich im Rahmen von Projektpartnerschaften enger an Dienstleister und andere öffentliche Einrichtungen zu binden. Insbesondere Verwaltungen außerhalb der Großstädte sehen in solchen Projektpartnerschaften eine Option, um das E-Government zu stemmen. Jede vierte größere Kommune zeigt sich sogar für Kooperationen mit strategischen Partnern aufgeschlossen, beispielsweise in Form von Public Private Partnerships (PPPs). Auffallend dabei: Im Westen planen fast 30 Prozent aller Kommunalverwaltungen öffentlich-private Partnerschaften. In den neuen Bundesländern sind die Berührungsängste dagegen deutlich größer: Nur fünf Prozent der Kommunalverwalter in Ostdeutschland wollen sich auf eine derartige Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft einlassen.
Hintergrundinformationen Für den Branchenkompass Public Services 2007 informierten im Juni und Juli 2007 100 Top-Entscheider deutscher Groß- und Mittelstädte im Rahmen einer Befragung über Maßnahmen und Strategien ihrer Kommunalverwaltungen in Bezug auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die Befragten sind in ihren Kommunen für die Umsetzung der Richtlinie verantwortlich. Die Marktforschungsgesellschaft forsa führte die Erhebung in Telefoninterviews durch. Daneben wurden Entscheider in den Landesregierungen mehrerer Länder telefonisch zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie interviewt.
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie Die EU-Dienstleistungsrichtlinie behandelt im Kern die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungsanbietern im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Zur Vereinfachung der Freizügigkeit sind verschiedene Instrumente vorgesehen, um Ausländerdiskriminierung zu vermeiden und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen. Hierzu gehört die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners, der für den Niederlassungswilligen alle Verwaltungsakte bündeln soll. Hier können Bundes-, staatliche, kommunale und berufsständische Zuständigkeiten betroffen sein. Zudem sollen die notwendigen Verwaltungsprozesse elektronisiert und auch aus der Ferne bedienbar sein. Mehrsprachigkeit der Verwaltungen ist eine weitere Forderung. Die Dienstleistungsrichtlinie befindet sich derzeit in der Bearbeitung beim Bundesinnen- und Bundeswirtschaftsministerium, um die notwendigen Gesetze und Richtlinien vorzubereiten.
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