Deutsche Bank täuschte Öffentlichkeit bei Nahrungsmittelspekulation - Agrar-Fonds entgegen eigenen Ankündigungen weitergeführt
Berlin (ots)
Gemeinsame Pressemitteilung von Oxfam Deutschland und foodwatch
Versprochen - gebrochen: Gleich in drei Fällen hat die Deutsche Bank die Öffentlichkeit beim Thema Nahrungsmittelspekulation in die Irre geführt. Das belegen Recherchen der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Verbraucherorganisation foodwatch. So verstieß die Deutsche Bank gegen ihre eigene Ankündigung, vorübergehend keine Finanzprodukte auf Basis von Agrarrohstoffen aufzulegen. Ihr Festhalten an der Agrarspekulation begründete sie mit der Bedeutung der Terminmärkte für die Preisabsicherung von Landwirten - um sich dann ausgerechnet aus diesem Absicherungsgeschäft zurückzuziehen, die kritisierte Finanzspekulation jedoch fortzuführen. Und schließlich versprach die Deutsche Bank den Ausstieg aus besonders kritischen Finanzprodukten, bietet ein solches Produkt aber bis heute an.
David Hachfeld, Wirtschaftsreferent von Oxfam Deutschland: "Die Deutsche Bank muss sich endlich ihrer Verantwortung stellen und ihren Kurs korrigieren, statt weiter zu versuchen, das Problem der Agrarspekulation auszusitzen. Stark schwankende Preise verschärfen das Hungerrisiko vieler armer Menschen. Die Deutsche Bank muss das Vorsorgeprinzip ernst nehmen und jene Finanzspekulationen beenden, die Schwankungen bei Lebensmittelpreisen verstärken können."
Lena Blanken, Volkswirtin bei foodwatch: "Der Umgang von Jürgen Fitschen mit diesem Thema zeigt, dass sein Dialog mit Kritikern und die vermeintlich neue Nachdenklichkeit nur plumpes Ablenkungsmanöver sind. In Wirklichkeit trickst er und täuscht die Öffentlichkeit, hält seine großspurigen Ankündigungen nicht ein und führt unverändert die Finanzspekulation mit Nahrungsmitteln auf Kosten der Ärmsten fort. Es gibt für die Deutsche Bank nur eine einzige glaubwürdige Alternative: den konsequenten Ausstieg aus diesem Geschäft!"
Hintergrund:
- Im ihrem Bericht zur sozialen Verantwortung (CSR) 2011, veröffentlicht im März 2012, schreibt die Deutsche Bank: "In diesem Jahr [d.h. 2012] werden wir keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf der Basis von Grundnahrungsmitteln auflegen." Von Medien wurde dies als vorübergehendes "Moratorium" zur Prüfung der Kritik an der Agrarspekulation aufgefasst, obwohl alle vor 2012 bestehenden Finanzprodukte auf Basis von Nahrungsmitteln weiterliefen. Doch selbst gegen die wörtliche Ankündigung in Bezug auf die Neuauflage von Produkten verstieß die Deutsche Bank: Im besagten Jahr 2012 führte sie fünf börsengehandelte Fonds mit Agraranteilen ein (DB Commodity Momentum Euro Hedged ETC, DB Platinum Commodity Mean Reversion Fund, DB Platinum II Hermes Enhanced Beta Commodity Fund, DB Platinum II Hermes Absolute Return Commodity Fund und Tiberius X-Line Commodity Timing Long 0-100 Index) - z.T. sind die Fonds inzwischen wieder geschlossen). Gegenüber Oxfam behauptete die Deutsche Bank nachträglich, dass ihre Zusage für 2012 nur auf neue "reine" Agrarfonds bezogen war - mit dem Wortlaut der Ankündigung deckt sich das jedoch nicht.
Quellen: CSR-Bericht 2011, S. 28: http://bit.ly/1ruWazp, Schreiben der Deutschen Bank an Oxfam (unveröffentlicht)
- Im Dezember 2013 kündigte die Deutsche Bank in einer Pressemitteilung an, weite Teile des Rohstoffgeschäfts einzustellen. In einem Brief an foodwatch präzisierte die Deutsche Bank im Juli 2014, sie falle "damit als Anbieter von Instrumenten für das Risikomanagement im Rohstoffsektor - und damit auch im Agrarsektor - aus. Das heißt: Wir werden künftig keine Absicherungsgeschäfte mehr tätigen, weder zum Beispiel mit großen Agrarunternehmen noch mit Getreidehändlern in Deutschland." Das ist bemerkenswert, weil sich die Deutsche Bank damit ausgerechnet aus jenem Teil des Rohstoffgeschäfts zurückzieht, dessen Nutzen sie stets zur Begründung ihres Festhaltens an der Agrarspekulation herausgestellt hat - so heißt es bis heute auf der Internetseite der Deutschen Bank: "Agrar-Terminmärkte bieten landwirtschaftlichen Betrieben und Verarbeitern von Nahrungsmitteln wichtige Vorteile: Sie ermöglichen es Erzeugern und Verarbeitern, sich gegen zukünftige Preisänderungen abzusichern." Und an anderer Stelle: "Rohstofftermingeschäfte und Indexfonds helfen den Akteuren am Agrarmarkt, sich gegen Preisrisiken abzusichern." Doch Indexfonds eignen sich kaum zur Preisabsicherung - und die tatsächlich zur Absicherung geeigneten Termingeschäfte bietet die Deutsche Bank nicht länger an. Die in der Kritik stehende Finanzspekulation auf Basis von Agrarrohstoffen geht also weiter.
Quellen: Brief der Deutschen Bank an foodwatch: http://bit.ly/YY2gvx ; Zitate von der Internetseite der Deutschen Bank: http://bit.ly/1twnQCD und http://bit.ly/1twnVpM
- Bei ihrer Hauptversammlung am 22. Mai 2014 kündigte die Deutsche Bank an, keine Produkte mit "Momentumstrategien" mehr anzubieten. Dabei handelt es sich um besonders aggressive Anlagen, bei denen im Falle steigender Preise verstärkt Kapital in die betroffenen Rohstoffterminmärkte geleitet und so eine zusätzliche Nachfrage erzeugt wird, die die Preisentwicklung weiter befeuern kann. Auf ihrer Internetseite betont die Deutsche Bank unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip: "In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Deutsche Bank Anlagestrategien für Agrarderivate bereits ausgeschlossen hat, die bestimmte Preistrends potentiell verstärken könnten ('Momentumstrategie'), obwohl eindeutige Belege für eine solche Wirkung fehlen." Tatsächlich folgt der DWS Enhanced Commodity Strategy Fund, ein Rohstoff-Fonds der Deutschen-Bank-Tochter Deutsche Asset & Wealth, solchen Momentum-Strategien - und wird bis heute unverändert angeboten.
Quellen: Ankündigung auf der Hauptversammlung: http://bit.ly/1ntTRW8 (S. 16); Zitat von der Internetseite der Deutschen Bank: http://bit.ly/1qbR9rT
Link:
- E-Mail-Aktion für den Ausstieg der Deutschen Bank aus der Agrarspekulation: www.foodwatch.de/aktion-deutschebank
Pressekontakte:
- Oxfam Deutschland: Steffen Küßner, skuessner@oxfam.de, Tel.: +49
(0)30 / 45 30 69 - 710
- foodwatch: Martin Rücker, E-Mail: presse@foodwatch.de, Tel.: +49
(0)30 / 24 04 76 - 2 90
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