COMPUTERBILD enthüllt: Industrie zahlt für "unabhängiges" Gütesiegel - "Plus X Awards" gingen auch an Prototypen - Mauer des Schweigens bei der Jury und dem Award-Schirmherrn, NRW-Minister Andreas Pinkwart
Hamburg (ots)
Technologie-Preise und Gütesiegel sind hilfreich für Verbraucher. Sie können Orientierung im oft unüberschaubaren Produktmeer geben. Das versprechen auch die Macher des "Plus X Awards": "Glaubwürdige Einkaufsargumente" will man den Endkunden mit den Plus-X-Siegeln liefern. Eine 19-köpfige Jury aus Fachjournalisten und Vertretern des Handels soll "vollkommen unabhängig" die Urteile fällen. Aber: Die Hersteller zahlen für die Gütesiegel, viele Auszeichnungen sind sachlich nicht zu begründen, und es werden Produkte prämiert, die es gar nicht gibt. Das berichtet die Zeitschrift COMPUTERBILD in ihrer aktuellen Ausgabe (Heft 18/2007, ab Montag im Handel). Schirmherr der Veranstaltung 2007: der nordrhein-westfälische Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP).
Jede Nominierung für einen Plus X Award kostete dieses Jahr 464 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Weitere 3082 Euro wurden für jedes ausgezeichnete Produkt fällig. So bekam von über 700 eingereichten Produkten etwa jedes dritte ein Gütesiegel. Viele Branchengrößen wie Medion, Panasonic, Philips, Samsung und Sony waren dabei. Wer prämierte Produkte bei der Internationalen Funkausstellung (IFA) in der eigens eingerichteten "Hall of Fame" präsentieren möchte, zahlt noch mal.
Laut Plus-X-Teilnahmebedingungen ist es nicht Pflicht, sondern nur "ausdrücklich empfohlen", nominierte Geräte zur Bewertung einzuschicken. Trotzdem vergab die Jury Bedienkomfort-Gütesiegel für Produkte, die es bis heute nicht gibt oder die nur als Prototypen vorhanden waren. Auch drei Kameraobjektive - alle vom gleichen Hersteller - wurden für ihren "Bedienkomfort" ausgezeichnet. Dabei sind deren Einstellringe nicht handlicher als die von Konkurrenzprodukten. Ein Plasma-Fernseher bekam das "Ökologie"-Siegel, obwohl er ausgeschaltet Strom verbraucht.
COMPUTERBILD stellte unter anderem dem Veranstalter, fast allen Jury-Mitgliedern und dem NRW-Innovationsminister Andreas Pinkwart detaillierte Fragen zu den Vorgängen. Nur der Jury-Vorsitzende und einer der beiden Agentur-Chefs antworteten - allerdings ausweichend. Das Ministerium gab auch nach mehrfacher Nachfrage keine Stellungnahme ab, der Pressesprecher ließ gar nichts von sich hören.
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