Deutsches Institut für Menschenrechte
Deutsches Institut für Menschenrechte gegen generelles Kopftuch-Verbot
Ein Dokument
Berlin (ots)
Ein Policy Paper: Zur aktuellen Kopftuchdebatte in Deutschland. Anmerkungen aus der Perspektive der Menschenrechte liegt in der digitalen Pressemappe zum Download vor und ist unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=dok abrufbar -
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich gegen ein generelles Verbot des Kopftuchs für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen ausgesprochen. "Eine staatliche Politik, die, um den möglichen Missbrauch zu verhindern, weit im Vorfeld eines tatsächlichen Konflikts die Religionsfreiheit der Lehrerin beschränkt, ist aus der Perspektive der Menschenrechte problematisch", sagte Heiner Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, am Montag in Berlin. Er warnte vor einer "Überinterpretation" des Kopftuches. "Wenn islamistische Kreise das Kopftuch politisch aufladen wollen, ist das eine Sache, aber Staat, Kirchen und andere gesellschaftliche Gruppierungen sollten sich nicht von diesem Versuch beeindrucken lassen und stattdessen das Kopftuch entpolitisieren", so Bielefeldt.
Das Kopftuch könne für die Unterdrückung der Frau im Namen religiöser oder kultureller Tradition stehen, aber auch Ausdruck freier religiöser Selbstbestimmung sein. Gerade diese Vieldeutigkeit des Kopftuches spreche für gerichtlich überprüfbare Einzelfallentscheidungen im Konfliktfall und gegen ein pauschales Kopftuch-Verbot für die Lehrerinnen, betonte der Menschenrechtsexperte. Die Erwartung, dass eine Lehrperson die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates im Unterricht unmittelbar "verkörpern" und sich deshalb jedes sichtbaren religiösen Bekenntnisses enthalten müsse, sei in jedem Fall überzogen, so Bielefeldt.
Die "Unteilbarkeit der Menschenrechte" verlange, die Abwägung zwischen der Religionsfreiheit der Lehrerin und anderen menschenrechtlichen Ansprüche wie zum Beispiel der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mit großer Sorgfalt vorzunehmen und vor allem auf einen tatsächlich vorhandenen oder unmittelbar drohenden Normenkonflikt zu beschränken.
Bielefeldt wies darauf hin, dass die Religionsfreiheit der kopftuchtragenden Lehrerin in Konflikt mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, mit der Religionsfreiheit der betroffenen Schülerinnen und Schüler, mit dem elterlichen Erziehungsrecht und mit dem Prinzip der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates geraten könne. Daher sei es ebenfalls denkbar, dass das Recht der Lehrerin auf das Tragen des Kopftuches in bestimmten Fällen zugunsten anderer Rechte zurücktreten müsse.
Policy Paper:
Heiner Bielefeldt: Zur aktuellen Kopftuchdebatte in Deutschland. Anmerkungen aus der Perspektive der Menschenrechte. Berlin, Deutsches Institut für Menschenrechte, 2004, 11 S. pdf: www.institut-fuer-menschenrechte.de
Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
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