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Textil- und Bekleidungsindustrie
Oxfam warnt vor Rückfall der Industrieländer in Protektionismus

Berlin (ots)

Die internationale Hilfsorganisation Oxfam
befürchtet, dass Industrieländer ihre Zusagen zur Marktöffnung für
Textil- und Bekleidungsimporte aus Entwicklungsländern nicht
einhalten werden. Das wird aus dem heute international
veröffentlichten Oxfam-Bericht "Stitched Up - How rich-country
protectionism in textiles and clothing trade prevents poverty
alleviation" deutlich.
Lobbygruppen der Textilindustrie drängen ihre Regierungen,
gemachte Versprechen zu brechen und das bisherige Quoten-Regime zu
verlängern. Oxfam ist außerdem besorgt, dass reiche Länder verstärkt
andere Handelsschranken gegenüber Importen aus Entwicklungsländern
aufbauen, einschließlich überhöhter Zölle.
Damit wird einer der wichtigsten Siege der Entwicklungsländer in
den internationalen Handelsgesprächen untergraben - das Ende der
Quotenregelungen des Multifaser-Abkommens (MFA) am 1. Januar 2005,
das den reichen Ländern erlaubte, Handelsschranken gegen billige
Textilimporte zu errichten.
Die Quoten, in Kombination mit hohen Einfuhrzöllen, kosten
Entwicklungsländer 40 Milliarden US Dollar im Jahr und 27 Millionen
Arbeitsplätze. Phil Bloomer, Koordinator der Oxfam-Kampagne "Make
Trade Fair", sagt:
"Das Multifaser-Abkommen (MFA) gehörte zu den schädlichsten Waffen
im Protektionismusarsenal der reichen Länder. Für jeden Arbeitsplatz,
den es in den reichen Ländern schützte, gingen 35 Arbeitsplätze in
den Entwicklungsländern verloren. Die Textil- und
Bekleidungsindustrie ist lebensnotwendig für arme Länder. Sie
beschäftigt mehr als 30 Millionen Menschen, die meisten davon sind
Frauen. Die MFA-Reform sollte ihnen eine faire Chance geben, sich
durch Handel aus der Armut zu befreien. Den Industrieländern darf
nicht erlaubt werden, die Übereinkunft zum Auslaufen des
Quotensystems zu untergraben."
Insbesondere die EU und die USA versuchen in einer
protektionistischen Gegenoffensive, den durch das Auslaufen des MFA
bedingten Machtverlust auszugleichen, indem sie hohe und
diskriminierende Zölle auf Textilimporte erheben. Zum Beispiel zahlt
Kambodscha für seine Exporte in die USA - hauptsächlich
Bekleidungsgüter - Zölle in Höhe von 152 Millionen US Dollar.
Norwegen dagegen zahlt nur 24 Millionen US Dollar, obwohl sein
Exportvolumen in die USA fünfmal größer ist als das Kambodschas.
Außerdem missbrauchen die EU und die USA die so genannten
Herkunftsregeln und Anti-Dumpingmaßnahmen, um konkurrierende Importe
aus Entwicklungsländern abzuwehren.
Zum Teil wird argumentiert, dass die Importquoten als Druckmittel
zur Verbesserung der schlechten Arbeitsbedingungen in vielen
Textil-exportierenden Ländern beibehalten werden sollten.
Verweigerung des Marktzugangs trägt jedoch kaum zur Verbesserung
der Arbeits- und Lebensbedingungen der Textilarbeiter bei. Oxfam
meint, dass die Regierungen der Entwicklungsländer und multinationale
Unternehmen vielmehr den erweiterten Marktzugang für die Verbesserung
der Arbeitsbedingungen nutzen sollten.
Die Industrieländer hatten eine zehnjährige "Atempause" für das
Auslaufen des MFA ausgehandelt. Unter Druck der Industrielobby wurde
die Aufhebung der wirtschaftlich bedeutendsten Importquoten jedoch
bis zum letzten Moment aufgeschoben. Kleinere Exporteure, die durch
die MFA-Handelsschranken gegenüber Indien und China begünstigt
wurden, werden nun durch den Wegfall der Quoten einem schweren Schock
ausgesetzt. Bangladesch und Sri Lanka zum Beispiel könnten über Nacht
hunderttausende Arbeitsplätze verlieren. Die reichen Länder müssen
sie daher mit finanzieller Hilfe, Umschulungsprogrammen und besseren
Handelsbedingungen unterstützen. Gleichzeitig dürfen die bisherigen
Abnehmer, Einzelhändler und ihre Agenten nicht einfach "Reißaus
nehmen".
Oxfam schlägt vor, dass die WTO-Mitglieder sich in den anstehenden
Verhandlungen über den Marktzugang verpflichten, die Herkunftsregeln
für Textilexporte aus LDC (Least Developed Countries) zu lockern,
Nicht-LDC-Entwicklungsländer, die durch die Aufhebung der
Importquoten hart getroffen werden, mit finanzieller und technischer
Hilfe zu unterstützen und ihnen vorübergehende Handelspräferenzen zu
gewähren.
Der Originalbericht ist unter www.oxfaminternational.org
   herunterzuladen.

Pressekontakt:

Jörn Kalinski,
Oxfam Deutschland e.V.,
Tel.: 030-428 50621,
0171-83606 31

Original-Content von: OXFAM Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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