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Oxfam-Bericht warnt: Doppelt unfaire Handelsattacke ruiniert arme Bauern

Berlin / Genf (ots)

Druckfreigabe für Printmedien: 11. April 2005, 00:01 Uhr
   Freigabe für Nachrichtenagenturen und Online-Dienste ab sofort
Einem heute veröffentlichten Bericht der internationalen
Hilfsorganisation Oxfam zufolge üben reiche Länder verstärkt Druck
auf arme Länder aus, ihre Märkte zu öffnen. Zugleich schütten sie
subventionierte landwirtschaftliche Produkte zu Dumping-Preisen auf
diese Märkte und vernichten so die Lebensgrundlage armer Bauern.
Das neue Schlachtfeld, auf dem arme Länder gezwungen werden, ihre
Importzölle zu senken, ist die Welthandelsorganisation (WTO). Diese
neuerlichen Attacken erhöhen die ökonomische Verletzbarkeit armer
Länder, zerstören bäuerliche Gemeinschaften, bedrohen die
Nahrungsmittelsicherheit und stürzen Millionen Bauern in noch tiefere
Armut, so der Bericht "Kicking Down the Door - Marktöffnung um jeden
Preis".
Armen Ländern wurde versprochen, dass für sie lebenswichtige
Agrarprodukte von den Kürzungen der Schutzzölle im Rahmen der WTO
ausgenommen würden, aber die reichen Länder versuchen nun, dieses
Versprechen zu verwässern. Die USA beispielsweise haben erklärt, sie
akzeptierten nur eine "sehr begrenzte Anzahl" von Ausnahmen. Der
Welthandel mit Reis verdeutlicht die große Gefahr für arme Bauern.
2003 subventionieren die USA ihre $ 1,8 Milliarden teure Reisernte
mit $1,3 Milliarden. Das ermöglichte es ihnen, 4,7 Millionen Tonnen
Reis zu 34 Prozent unter den Produktionskosten auf den Weltmarkt zu
werfen und dadurch armen Länder wie Haiti, Ghana und Honduras zu
schaden. Dem Oxfam-Bericht zufolge sollten Entwicklungsländer das
Recht haben, schwache landwirtschaftliche Sektoren zu entwickeln und
konkurrenzfähig zu machen.
"Dies ist eines der krassesten Beispiele für manipulierte Regeln
und zweierlei Maß im Welthandel. Reiche Länder fordern von armen
Ländern, ihre Handelsbarrieren zu beseitigen und zugleich fahren sie
fort, eigene Überproduktion und Dumping zu fördern. Ihre
eigennützigen Motive könnten nicht offensichtlicher sein", so Phil
Bloomer, Leiter der Kampagne Make Trade Fair von Oxfam International.
"US-amerikanischer Reis wäre nicht wettbewerbsfähig ohne die
massiven staatlichen Subventionen. Es ist skandalös, dass arme Länder
gezwungen werden, damit zu konkurrieren. Schlimmer noch, dass ihnen
die Möglichkeit verweigert wird, sich selbst vor Dumping zu schützen,
das ist eine doppelt unfaire Attacke."
Wenn sich reiche Länder innerhalb der WTO durchsetzen, sind
Indien, China, Nicaragua und Ägypten unter den 13
Entwicklungsländern, die gezwungen sein könnten, ihre Importzölle für
Reis zu senken und damit durch billige Importe gefährdet werden.
Hingegen würde die US-amerikanische Reisindustrie von dem erweiterten
Zugang zu Märkten armer Länder profitieren.
der
weltgrößten Reismühle - stiegen innerhalb eines Jahres (2002 bis
2003) um $123 Million, weitestgehend wegen eines 50-prozentigen
Exportanstiegs. Ein Großteil ging nach Haiti, das 1995 unter Druck
des IWFs gezwungen wurde, die Importzölle für Reis von 35 Prozent auf
nur drei Prozent zu senken. Als Ergebnis stieg der Reisimport in neun
Jahren um 150 Prozent. Heute kommen drei von vier Portionen Reis, die
in Haiti verzehrt werden, aus den USA. Die Existenzgrundlage der
lokalen Bauern wurde zerstört und in den Reisanbaugebieten finden
sich die höchsten Raten von Unterernährung und Armut.
Reis ist nicht das einzige Agrarprodukt, das durch die
WTO-Vorschläge gefährdet ist. Oxfam schätzt, dass Entwicklungsländer
ebenso Zollsenkungen beim Import von Geflügel (18 Länder),
Milchpulver (14 Länder), Zucker (13 Länder), Sojabohnen (13 Länder),
Mais (7 Länder) und Weizen (6 Länder) riskieren, mit potenziell
zerstörerischen Folgen für alle diese Sektoren.
Neben der WTO nutzten die reichen Länder außerdem die Weltbank,
den IWF und regionale Handelsabkommen, um Entwicklungsländer zu
drängen, ihre Märkte vorschnell zu öffnen. Verschlimmernd kommt
hinzu, dass die reichen Länder ihre Entwicklungshilfe für den
Agrarbereich in den letzten 18 Jahren um mehr als zwei Drittel
gekürzt haben.
"Handel könnte entscheidend dabei helfen, 2005 einen Durchbruch im
Kampf gegen die weltweite Armut zu erzielen, jedoch nur, wenn es
armen Ländern erlaubt ist, eine Politik zu betreiben, die ihrer
eigenen Entwicklung auch nützt. Die armen Länder wurden gezwungen,
ihren Handel schneller und umfassender zu liberalisieren, als dies je
eine der Industriemächte in der bisherigen Geschichte tat. Sie haben
genug von dieser Schocktherapie und sollten sie nicht weiter erdulden
müssen", erklärte Bloomer.
"Arme Länder mit einem sich erst entwickelnden Reissektor können
nicht mit einer subventionierenden Supermacht wie den USA mithalten
oder mit großen Exportländern, die Reis billig exportieren können.
Sie brauchen Zeit und Spielraum, um sich zu etablieren", stellte er
fest.
"Im Vorfeld der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong ist es wichtig,
dass reiche Länder die Bereitschaft erkennen lassen, über eine
Handelspolitik zu verhandeln, die wirklich zur Armutsbekämpfung
beiträgt und dass sie nicht weiter kurzsichtig nur ihre eigenen,
begrenzten Interessen und Konzerngewinne im Blick haben."
Der Oxfam-Bericht beinhaltet die folgenden Vorschläge:
- Jedes neue WTO-Abkommen muss es Entwicklungsländern ermöglichen,
     die Einfuhr von Produkten zu regulieren, die eine Bedrohung für
die Lebensgrundlage ihrer Bauern darstellen.
   - Reiche Länder müssen Verhandlungen über bilaterale  
     Handelsabkommen, welche Entwicklungsländer zwingen, ihre Märkte
zu öffnen, beenden.
   - Der IWF und die Weltbank müssen aufhören, Regierungen armer  
     Länder zu nötigen, ihre Zölle pauschal zu senken.
   - Die Regierungen der Entwicklungsländer müssen sicherstellen,  
     dass ihre Agrarpolitik der Armutsbekämpfung dient.
Der Bericht "Kicking Down the Door - Marktöffnung um jeden Preis"
wird im Rahmen von Oxfams langjähriger Kampagne Make Trade Fair
veröffentlicht. www.maketradefair.com
Die Veröffentlichung ist Teil von Oxfams Aktivitäten während der
globalen Aktionswoche (8. April - 16. April) der Trade Justice
Movement (in Deutschland "Gerechtigkeit jetzt! - Die
Welthandelskampagne").
Eine deutsche Zusammenfassung des Berichts ist über Oxfam
Deutschland erhältlich. Der ausführliche Bericht in englischer
Sprache ist ab 11. April unter www.maketradefair.com bzw.
www.oxfam.org zugänglich.
Bereits am 9. April hatte Oxfam Fotos von internationalen Stars
veröffentlicht, die sich für einen gerechten Welthandel engagieren.
Die Fotos zeigen Künstler wie Alanis Morissette, Chris Martin
(Coldplay), Michael Stipe (R.E.M.), Youssou N'Dour, Antonio Banderas,
Gael Garcia Bernal u.v.a. in ungewöhnlichen Posen, wie sie sich mit
Agrarrohstoffen wie Reis, Weizen, Milch, Baumwolle etc. zuschütten
("dumpen") lassen. http://www.maketradefair.com/work/celebs/

Kontakt:

Jörn Kalinski, Oxfam Deutschland, Tel.: 0171-83 60631,
Email: jkalinski@oxfam.de

Original-Content von: OXFAM Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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