Oxfam-Bericht: Arbeitsrechte in der Sportbekleidungsindustrie im Abseits!
Berlin / Jakarta (ots)
Während die Sportbekleidungsgiganten sich auf die Präsentation ihrer Produkte bei der Fußball-Weltmeisterschaft vorbereiten, spielen sich hinter den Kulissen andere Szenen ab, so ein heute veröffentlichter Bericht von Oxfam International: Viele Arbeiterinnen und Arbeiter in der Sportbekleidungsindustrie müssen mit Einschüchterungen, Gewalt und Entlassung rechnen, wenn sie versuchen, gewerkschaftlich tätig zu werden.
Für den in Jakarta/Indonesien vorgestellten Bericht "Abseits! Arbeitnehmerrechte und die Herstellung von Sportbekleidung in Asien" hat Oxfam über ein Jahr lang zwölf große Markenfirmen* untersucht. Laut Oxfam unternimmt keine dieser Firmen genug, um in ihren Lieferketten die grundlegenden Rechte auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen durchzusetzen.
"2004 forderte die Play Fair Alliance - bestehend aus Oxfam, der Kampagne für Saubere Kleidung sowie Gewerkschaften - die Industrie auf, die Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten zu verbessern. Bedauerlicherweise hat sich bisher wenig geändert. Das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Gewerkschaften zu gründen, ist entscheidend, um in den Fabrikhallen notwendige Verbesserungen durchzusetzen. Dennoch sind viele Markeninhaber nicht willens, diesen Ball zu spielen", so Kelly Dent, Sprecherin von Oxfam International und Co-Autorin des Berichts.
Gemäß dem Bericht schneidet FILA** in Sachen Arbeitsrechte am schlechtesten ab. Das Unternehmen hat es unterlassen, gegen bekannt gewordene schwere Fälle von Belästigung und Diskriminierung des Personals innerhalb seiner Lieferkette vorzugehen. In einem Fall hat ein FILA-Zulieferer in Indonesien, bei dem erschreckend viele Missbrauchshandlungen gegen Beschäftigte auftraten, die Fabrik plötzlich geschlossen. Ein Jahr später hat immer noch keiner der ehemals 3500 Beschäftigten Lohnnachzahlungen oder Abfindungen erhalten. FILA weigert sich, seine Rolle bei der Schließung des Betriebs offen zu legen und Verantwortung für die Arbeiter/innen zu übernehmen.
Laut Oxfam hat sich dagegen Reebok bisher am meisten für die Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte in der asiatischen Sportbekleidungsindustrie engagiert. Marken wie Nike, adidas, Puma und Asics haben ebenfalls Verbesserungen vorgenommen.
Insgesamt betrachtet bleibt das Verhalten der Industrie jedoch inkonsequent und widersprüchlich. So ist der Anteil der Sportschuhe, die Nike in Ländern produzieren lässt, in denen das Recht der Beschäftigten auf Vereinigungsfreiheit gesetzlich garantiert ist, seit 1998 von 52% auf 38% gesunken. Auch die Mehrzahl von Pumas Sportschuhen wird in Ländern hergestellt, in denen Gewerkschaftsrechte nicht gesetzlich verankert sind.
Ein adidas-Zulieferer in Indonesien *** hat kürzlich dreißig Beschäftigten gekündigt. Diese hatten an einem legalen Streik teilgenommen, bei dem mehr Lohn gefordert wurde, um die dramatisch angestiegenen Lebenshaltungskosten decken zu können. adidas hat sich bisher geweigert, ihnen zu helfen, wieder eingestellt zu werden.
"Die Entlassung dieser Arbeiterinnen und Arbeiter sendet ein äußerst beunruhigendes Signal an Zulieferer aus, nämlich dass Diskriminierung von Gewerkschaftsmitgliedern akzeptabel ist. In der Vergangenheit hat sich adidas innerhalb der Sportbekleidungsindustrie mehr für die Wahrung von Arbeitsrechten eingesetzt als andere Konzerne - das Unternehmen sollte damit fortfahren, indem es gewährleistet, dass die betroffenen Mitarbeiter wieder eingestellt werden", so Oxfam-Sprecherin Dent. "Die Sportbekleidungsindustrie schafft wertvolle Arbeitsplätze in Asien. Doch Verbraucher und Beschäftigte gleichermaßen haben das Recht zu erwarten, dass globale Marken die Menschen, die ihre Waren herstellen, nicht ausbeuten."
* Die Untersuchung umfasste folgende Unternehmen: adidas, Asics, Basicnet (Kappa), Lotto, Mizuno, New Balance, Nike, Pentland (Speedo, Lacoste), Puma, Reebok, Sport Brands International (FILA), Umbro.
** FILA - ein Hauptsponsor im Tennissport - ist ein italienisches Unternehmen, das 2003 von der US-Firma Sport Brands International aufgekauft wurde.
*** Hintergrund: Die Fabrik Panarub nahe Jakarta stellt die adidas Predator Pulse Sportschuhe her, die von Weltklassespielern wie Englands David Beckham und Frank Lampard, Frankreichs Zinedine Zidane und Patrick Viera, Spaniens Raul sowie Brasiliens Spieler Kaka beworben werden. Das Gleiche gilt für das Modell +F50.6 Tunit - Fußballschuhe, die von Hollands Arjen Robben, Deutschlands Kevin Kuranyi und Brasiliens Ze Roberto auf dem Weg zur FIFA Weltmeisterschaft getragen werden.
Arbeiterinnen und Arbeiter in der Panarub-Fabrik erhalten ca. 60 US-Cents pro Stunde. Der wöchentliche Durchschnittsverdienst liegt bei ca. 25 US$. Eine vor ein paar Jahren durchgeführte Untersuchung der Lebenshaltungskosten ergab, dass diese für eine Person (ohne Unterstützung für Kinder oder Familienangehörige) bei 32 US$ pro Woche liegen.
Die Sportbekleidungsgiganten zahlen Millionen Dollar für Werbung und Marketing für die Fußball-Weltmeisterschaft. Nike zahlt der brasilianischen Fußballmannschaft 16 Mio. US$ pro Jahr und adidas überweist dem französischen Spieler Zinedine Zidane pro Jahr 1,8 Mio. US$. Erst kürzlich unterschrieb Michael Ballack seinen 8-Jahres-Vertrag mit adidas, wonach er jedes Jahr 1,5 Mio Euro erhalten soll. Mit dem englischen Fußballer David Beckham hat adidas einen Vertrag auf Lebenszeit über 161 Millionen US$ abgeschlossen. Laut adidas-Vorstandschef Herbert Hainer werden für den Bau einer adidas-"Mini-Fußballarena", aus der die WM-Spiele vor dem Reichstagsgebäude in Berlin gesendet werden, nahezu 10 Millionen Euro ausgegeben.
Für weitere Informationen oder Interviews mit den Autoren der Studie:
Jörn Kalinski, Oxfam Deutschland: +49 (3)0 42850623
Die vollständige englischsprachige Studie ist unter http://www.oxfam.de/download/Offside.pdf, die deutschsprachige Zusammenfassung unter http://www.oxfam.de/download/Abseits.pdf herunterzuladen.
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