Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen
Forum beim Engagiertentreffen des Kolpingwerkes Deutschland mit Ministerpräsident Dieter Althaus
Köln (ots)
Ohne das Engagement der Ehrenamtlichen ist weder Staat noch Kirche zu machen. Über diese Feststellung diskutieren der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus, die Bundesgeschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen, Gaby Hagmans und der Direktor des Deutschen Jugendinstituts, Prof. Dr. Thomas Rauschenbach am 10. November 2007 von 9.30 bis 11:00 Uhr im Veranstaltungszentrum Expo XXI in Köln. Hier findet vom neunten bis zum 11. November das Engagiertentreffen des Kolpingwerkes Deutschland, egat2007, statt.
Wie durch die Familienarbeit wird auch im Engagement für das Gemeinwesen der Boden bereitet und gesichert, auf dem wirtschaftlicher Wohlstand erst wachsen kann. Bürgerschaftliches Engagement sollte daher schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse an der eigenen Zukunftsfähigkeit zum "guten Ton" einer sich in ständigem Wandel befindlichen Gesellschaft gehören. In diesem Sinne gehört das Engagement zu einem bürgerschaftlichen Ethos, gemäß dem jede/r Einzelne Verantwortung für sich und andere übernimmt. Für dieses Engagement müssen positive, neben ideellen auch materielle Anreize gesetzt werden. Wer von Wahlfreiheit zwischen und Gleichwertigkeit von Erwerbsarbeit, Familienarbeit und bürgerschaftlichem Engagement spricht, darf über Bezahlung nicht schweigen. Denn bislang sieht es so aus: Familie und Ehrenamt muss man sich leisten können. Man muss materiell ausreichend abgesichert sein, um für die Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen oder für ein ehrenamtliches Engagement Zeit aufwenden zu können. Es ist kein Zufall, dass im Ehrenamt gemäß den wissenschaftlich abgesicherten Ergebnissen des 2. BMFSFJ-Freiwilligensurveys gerade die Gruppen gut vertreten sind, die auch anderweitig etabliert sind: Erwerbstätige, Hausfrauen und -männer, Schüler/innen, Auszubildende, Studierende. Demgegenüber ist ein Engagement in der Gruppe der Arbeitslosen trotz des vermeintlichen Zeitreichtums vergleichsweise gering. Doch zugleich ist gerade in der Gruppe der Arbeitslosen ist ein recht hohes, noch nicht realisiertes Engagementpotenzial anzutreffen: Laut Freiwilligensurvey ist ein relativ hoher Anteil der befragten noch nicht engagierten Arbeitslosen zu einem Engagement bereit. Es drängt sich daher die Frage auf, was getan werden muss, damit auch diese Menschen (sich) ein Engagement für die Gesellschaft leisten können. Wie können sie in die Lage versetzt werden, brachliegende Fähigkeiten und Motivationen zu aktivieren und auch außerhalb der Erwerbsarbeit gesellschaftliche Teilhabe zu erlangen?
Eine Antwort darauf versuchen Modellprojekte zur Bürgerarbeit, die in einigen Kommunen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt erprobt wird. Langzeitarbeitslose erhalten eine dauerhafte Perspektive in gemeinnützigen Tätigkeitsfeldern. Es handelt sich um zusätzliche Tätigkeiten, die ansonsten unerledigt blieben. Entgolten wird diese Tätigkeit mit einem sozialversicherungspflichtigen Lohn oberhalb der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Ob die dabei nicht im Vordergrund stehende Integration in den ersten Arbeitsmarkt gelingt oder nicht - zentral erscheint vor allem, dass sich für die Menschen am Rande des Systems, die auch in Phasen wirtschaftlicher Prosperität abgehängt zu bleiben drohen, ein Tätigkeitsmarkt mit zahlreichen positiven Effekten - Förderung des Selbstbewusstseins und von Schlüsselkompetenzen, Erweiterung von Handlungsspielräumen - eröffnet. Das Kolpingwerk Deutschland begrüßt den dort bewiesenen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Mut, mit dem u.a. das "Reinheitsgebot der Unvereinbarkeit von Bürgerengagement und Geld" (H. Keupp) in Frage gestellt wird. Konzeptionell noch weitergehend und sozialpolitisch noch folgenreicher ist der Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens bzw. eines "Solidarischen Bürgergeldes", wie es u.a. Dieter Althaus in die politische Diskussion eingebracht hat. Neben einer erhöhten Transparenz bei vielen Sozialleistungen und einer erhöhten Motivation zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit auch im Niedriglohnbereich durch Senkung der Transferentzugsrate lässt sich für ein solches Modell auch anführen, dass die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger zwischen Erwerbsarbeit, Familienarbeit und bürgerschaftlichem Engagement gestärkt wird. Es würden (sich) mehr Menschen gesellschaftlich wertvolle Arbeit in der Familie und im Ehrenamt leisten können, wenn sie dazu die materielle Grundausstattung erhalten. Dies ist für das Kolpingwerk Deutschland Grund genug, die diskutierten Grundeinkommens- und Bürgergeld-Modelle intensiv zu prüfen und in Politik, Kirche, Verband und Gesellschaft für einen Perspektivwechsel zu sensibilisieren, u.a. im Rahmen des Forums "Bürgerschaftliches Engagement" beim Engagiertentreffen.
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