Organspenden müssen Spenden bleiben
Kolpingwerk Deutschland betont freie Entscheidung von Organspendern!
Kolpingwerk Deutschland - Pressemitteilung
Organspenden müssen Spenden bleiben!
Kolpingwerk Deutschland betont freie Entscheidung von Organspendern
Köln - 01.04.2019
Menschenleben stehen im Zentrum der Debatte: Tausende Schwerstkranke warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Laut Bundesgesundheitsministerium stirbt alle acht Stunden ein Mensch auf der Warteliste, weil kein passendes Spenderorgan gefunden wurde. Für viele Christen ist es ein Zeichen der Nächstenliebe und gelebter Verantwortung, über den Tod hinaus darin einzuwilligen, die eigenen Organe zu spenden. Doch darf der Staat hier einen Automatismus einführen, der die autonome Entscheidung der Spender berührt?
Die aktuelle Debatte um die Regelungen zur Organspende in Deutschland entzündet sich am Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass jeder Bürger automatisch potenzieller Organspender wird, der einer Organspende nicht ausdrücklich widerspricht (Widerspruchslösung). Dieses Verfahren unterscheidet sich deutlich von der derzeitig gültigen Entscheidungslösung, wonach jeder Organspender ist, der einer Transplantation ausdrücklich zugestimmt hat (oder dessen Angehörige dies entsprechend angeben). Dokumentiert wird diese Zustimmung in einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung. Befürworter der Widerspruchslösung gehen von der einfachen Rechnung aus, dass die Einführung einer solchen Regelung zu einer Erhöhung der Transplantationszahlen führt. Es scheint jedoch - auch vor dem Hintergrund internationaler Studien - zumindest unklar zu sein, ob ein solcher Zusammenhang für die Bundesrepublik Deutschland angenommen werden kann.
Mit Blick auf empirische Studien lässt sich eher ein Zusammenhang zwischen Spenderzahlen und der Glaubwürdigkeit medizinischer Institutionen herausarbeiten. Im Jahr 2012 erschütterte ein "Organspendeskandal" die Bundesrepublik und damit das Vertrauen vieler potenzieller Spender. Die Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sprechen eine eindeutige Sprache: Im Jahr 2012 spendeten 1.046 Menschen ein Organ. Ein Jahr später waren es noch 876 und im Jahr 2017 lediglich 797 Menschen.
Für das Kolpingwerk Deutschland steht die Würde des Menschen vor dem Hintergrund eines christlichen Menschenbildes im Vordergrund. Vom ersten bis zum letzten Augenblick ist die Würde des Menschen zu wahren. Daraus ergibt sich ein gewichtiges Argument gegen die Widerspruchslösung, die der Autonomie des Menschen am Ende seines Lebens zuwiderhandelt, da sie auf die Passivität der möglichen Spender setzt. Menschen, die sich mit der Frage der Organspende beschäftigen, sind jedoch unter allen Umständen vor moralischem Druck von außen zu schützen, damit sie aktiv eine freie und freiwillige Entscheidung treffen können. Eine politisch gesetzte Norm, die sich in einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung ausdrückt, würde die Freiwilligkeit der Spende massiv untergraben.
Zusammenfassend zeigt sich: Menschen brauchen Vertrauen in die medizinischen Strukturen. Sie wollen sich frei und freiwillig für oder gegen eine Spende entscheiden. Nur dann ist eine Organspende als Spende anzusehen. Die gegenwärtig gültige Entscheidungslösung basiert auf dieser Prämisse. Krankenkassen sind dazu angehalten, ihren Mitgliedern fundierte Informationen zukommen zu lassen, um sich auf der Grundlage mit der eigenen Spendebereitschaft auseinandersetzen. Der Staat kann ebenfalls positiv wirken: Ausdrücklich begrüßt der Bundesvorstand des Kolpingwerkes Deutschland die vom Bundesgesundheitsminister angestrebten strukturellen Verbesserungen. So soll es beispielsweise künftig verbindliche Vorgaben für die Freistellung von Transplantationsbeauftragten geben. Transplantationsbeauftragten kommt eine Schlüsselstellung zu. Sie informieren ärztliches und pflegerisches Personal über die Chancen und Möglichkeiten der Transplantationsmedizin sowie des rechtlichen Rahmens. Transplantationsbeauftragte sind damit ein bedeutsamer Teil notwendiger organisatorischer Infrastruktur, die es zu stärken gilt.
Zudem gibt es Wege, die Bevölkerung verstärkt mit dem Thema der Organspende zu konfrontieren. Die Bundesregierung muss ihrer Verantwortung in diesem Bereich nachkommen, indem in dieser Frage eine verbindliche Systematik erarbeitet wird. So können die Bürger unseres Landes etwa bei der Beantragung des Personalausweises oder Führerscheins danach befragt werden, ob sie sich bereits mit dem Thema Organspende auseinandergesetzt haben. Auch ist das Thema bundesweit verstärkt in der schulischen Bildung zu berücksichtigen. In diesem Sinne treten wir für eine Stärkung der Entscheidungslösung ein. Organspende bleibt damit eine freie und freiwillige Spende.
Kolpingwerk Deutschland Georg Wahl, Stellvertretung Pressestelle St.-Apern-Str. 32, 50667 Köln Tel. 0221-20701-112 E-Mail: georg.wahl@kolping.de, www.kolping.de