AXA Crashtests: Lautlos, schnell, riskant - urbane Mobilität 2030
Köln/Dübendorf (ots)
Drohnen, E-Bikes und Sharing-Konzepte: Die urbane Mobilität wird sich bis 2030 maßgeblich verändern. An ihren Crashtests in Dübendorf, Schweiz, zeigen die Unfallforscher von AXA in drei Crashversuchen, welche Risiken diese Trends mit sich bringen.
Veränderte Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung, neue Konzepte wie Car- oder Bike-Sharing sowie zukunftsgerichtete Ideen wie Transport-Drohnen werfen neue Fragen für die Sicherheit in der Stadt der Zukunft auf. Das Jahr 2030 scheint zwar noch weit weg. Schlüsselentscheidungen bezüglich Infrastruktur und Gesetzesgrundlagen werden aber heute gefällt.
Drohnen - neue Risiken aus der Luft
Während der Güterverkehr mittelfristig weiterhin von Lastwagen und Lieferwagen dominiert sein dürfte, werden heute schon neue Formen der Güterverteilung via Roboter und Drohnen getestet. Im privaten Bereich sind bereits heute zahlreiche Drohnen in der Luft - und es werden immer mehr. Die meisten von ihnen werden von Hobby-Piloten gesteuert.
"Erste Unfälle mit Drohnen sind bereits passiert. Zum Glück blieb es bisher bei Sachschäden. Mit der zunehmenden Verbreitung von Drohnen ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis auch erste Personenschäden durch Drohnen verursacht werden", sagt Bettina Zahnd, Leiterin Unfallforschung & Prävention bei AXA Schweiz.
AXA fordert Kennzeichnungspflicht für Drohnen und Ausbildung für Piloten
Was bei unsachgemäßer Steuerung einer Drohne passieren kann, zeigt AXA beim ersten Crashversuch. Eine neun kg schwere Transportdrohne stürzt in das Seitenfenster eines Autos und bricht in den Führerraum ein. Für die Fahrzeuginsassen hat ein solcher Unfall schwere bis tödliche Verletzungen zur Folge. Auch kleine Drohnen können erheblichen Schaden verursachen oder gar Menschen und Tiere verletzen. Um das Risiko solcher Unfälle zu vermeiden, fordern die Unfallforscher von AXA Schweiz, dass sämtliche Piloten einer Drohne ab 500 g Gewicht eine obligatorische Theorie-Prüfung absolvieren, für Drohnen ab 900 g zusätzlich eine praktische Weiterbildung. Zudem sollen sämtliche Drohnen ab 250 g registriert und gekennzeichnet werden, um im Falle eines Unfalls nachverfolgen zu können, wem die Drohne gehört.
"Heute kann in der Schweiz jeder, der möchte, eine Drohne fliegen, ohne Kennzeichnung oder Ausbildung. Für Unfallopfer ein Missstand, denn grundsätzlich haftet der Drohnenpilot für Schäden gegenüber Dritten, und seine Versicherung würde die Kosten übernehmen. Kann der Unfallverursacher nicht ausfindig gemacht werden, bleibt der Geschädigte auf seinen Kosten sitzen", so Zahnd.
In Deutschland gilt seit Oktober 2017 eine Kennzeichnungspflicht für Drohnen ab 0,25 kg - es muss eine Plakette mit den Adressdaten des Besitzers angebracht sein. Ab 2 kg Gewicht der Drohne muss der Besitzer besondere Flugkenntnisse nachweisen. Für Drohnen ab 5 kg Gewicht braucht er eine Erlaubnis der Landesluftfahrtbehörde, in über 100 m Flughöhe dürfen Drohnen nur fliegen, wenn eine behördliche Ausnahmeerlaubnis vorliegt. Über Wohngrundstücken, Naturschutzgebieten, Menschenansammlungen und Industrieanlagen gilt ein generelles Flugverbot.
E-Bike-Unfälle nehmen weiter zu - mit gravierenden Folgen
Beim zweiten Crash, den AXA zeigt, überholt ein Cargo E-Bike mit 45 km/h ein herkömmliches Fahrrad. Dabei kollidiert es frontal mit einem entgegenkommenden Personenwagen. "Da E-Bikes schneller unterwegs sind als herkömmliche Fahrräder, kommt es immer öfter zu Überholmanövern. Allerdings fehlt dafür meist der Platz - gerade in der Stadt", sagt Bettina Zahnd. Wie riskant ein solches Manöver sein kann, veranschaulicht der Crashversuch - für den E-Bike-Fahrer hat ein solcher Zusammenstoß schwere bis tödliche Verletzungen zur Folge.
Während der Autoverkehr immer sicherer wird und jährlich weniger Insassen verletzt werden, nehmen Unfälle mit Zweirädern stetig zu. Gemäß ASTRA hat in der Schweiz die Zahl der Unfälle mit Personenschaden seit 2013 bei Fahrrädern um 13 Prozent zugenommen, bei E-Bikes sogar um mehr als 130 Prozent. In Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt die Zahl der Radfahrer-Unfälle mit Todesfolge von 354 (2013) auf 393 (2016) gestiegen. In 2016 sind 364 Fahrer von E-Bikes verunglückt, 3.167 Fahrer von Pedelecs (Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern insgesamt in 2016: 81 272). Zu den häufigsten Unfallursachen bei Fahrradunfällen (inklusive Pedelecs) gehört dabei eine nicht angepasste Geschwindigkeit. Zweirad-Unfälle haben oft schwere Verletzungen zur Folge, da der Fahrer, wenn überhaupt, meist nur durch einen Helm geschützt ist. Verletzen sich bei E-Bike-Unfällen überdurchschnittlich oft ältere Personen, trifft es bei Fahrradunfällen oftmals junge Menschen.
Zweirad-Infrastruktur verbessern
Wie eine Umfrage von AXA bei 1.000 Schweizerinnen und Schweizern zeigt, nutzen 27 Prozent der 18- bis 34-Jährigen das Fahrrad täglich oder mehrmals in der Woche als Verkehrsmittel - und dies überwiegend im Stadtverkehr. "Die Zunahme an Zweirädern und E-Bikes in der Stadt erfordert ein Überdenken der Infrastruktur. Für die Stadt der Zukunft benötigen wir breitere und wo immer möglich separate Fahrstreifen, die das gegenseitige Überholen von Zweirädern mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zulassen", sagt Bettina Zahnd.
Ein weiteres Risiko stellt die Geschwindigkeit der E-Bikes dar. Mehr als 45 Prozent der befragten E-Bike-Fahrer geben an, dass andere Verkehrsteilnehmer ihre Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen können. "Autofahrer müssen sich daran gewöhnen, dass Fahrrad nicht gleich Fahrrad ist", sagt Bettina Zahnd. Zudem sei es im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung von shared E-Bikes in den Städten wichtig, auch die - teils ungeübten - E-Bike-Fahrer zu sensibilisieren.
"Oft ist sich ein E-Bike-Fahrer selber gar nicht bewusst, wie schnell er unterwegs ist. Wir empfehlen daher die standardmäßige Installation von Tachos an E-Bikes, insbesondere bei den schnellen Modellen", so Zahnd.
Sharing: wünschenswert - aber auch riskant
Ein weiterer Trend für die Stadt der Zukunft ist Car-Sharing. Wie aus der Schweizer AXA-Studie hervorgeht, nutzen gerade junge Leute häufig die Möglichkeit, ein Auto bei Eltern oder Bekannten auszuleihen. 79 Prozent der 18-24-Jährigen, die einen Führerausweis besitzen, gaben an, dass sie sich privat ein Auto ausleihen, bei den 25-34-Jährigen sind es 68 Prozent. Daneben gibt es auch immer mehr kommerzielle Car-Sharing-Anbieter.
"Sharing ist aus Kosten-, Platz- und Umweltgründen sehr wünschenswert", sagt Bettina Zahnd. "Die Kehrseite dieses Trends ist, dass bei nicht regelmäßiger Nutzung mit einem ausgeliehenen Auto oftmals die Routine fehlt, und man sich zulasten der Aufmerksamkeit für den Verkehr auf die Bedienung des Fahrzeugs konzentrieren muss", so Zahnd.
Im dritten Crashversuch übersieht ein unerfahrener Fahrer eines Personenwagens an einer Kreuzung einen E-Roller. Bei der Kollision mit dem Fahrzeug erleidet der Roller-Fahrer schwerste Verletzungen. Die Insassen im Personenwagen erleiden hingegen höchstens leichte Verletzungen. Dass solche Unfälle zunehmen werden, lässt sich schon heute aus der Schadenstatistik ablesen. In den letzten zehn Jahren haben sich die Schäden im Bereich "Führen fremder Fahrzeuge" bei AXA Schweiz mehr als verdoppelt.
"Bei Fahrzeugen, die auf privater oder kommerzieller Basis regelmäßig an andere, eher unerfahrene Fahrer ausgeliehen werden, empfehlen wir Automaten sowie Fahrerassistenzsysteme wie Notbremsassistenten und moderne Parkassistenten. Diese können helfen, die Zahl der Unfälle zu reduzieren", sagt AXA Unfallforscherin Bettina Zahnd.
Geräuschloser Verkehr fordert alle Sinne
Bei Elektro-Fahrzeugen dürfe zudem das fehlende Geräusch als Risikofaktor nicht unterschätzt werden. "Elektro-Autos sind im Unterschied zu anderen Autos äußerst leise beim Anfahren. Bislang waren wir daran gewöhnt, dass man andere Verkehrsteilnehmer hört. Heute haben wir es immer öfter mit sehr leisen Fahrzeugen zu tun - neben E-Autos auch E-Bikes und E-Roller. Man kann sich daher immer weniger auf die Ohren verlassen, sondern muss mit allen Sinnen bei der Sache sein", erklärt Zahnd.
Forderungen der AXA Unfallforschung & Prävention, Schweiz
Für Drohnen:
- Europaweite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für sämtliche Drohnen ab 250 g - Obligatorische Theorie-Prüfung für sämtliche Piloten mit einer Drohne ab 500 g, für Drohnen ab 900 g zusätzlich eine praktische Weiterbildung - Technische Anforderungen: Drohnen sollten in der Lage sein, Flugverbotszonen automatisch zu erkennen - Flugraumüberwachung: Flüge von Drohnen ab 2 kg sollten angemeldet werden, damit der übrige Flugverkehr entsprechend informiert ist - Europaweite Harmonisierung der Drohnenkategorien und -gesetze. Im Moment gelten für dieselbe Drohne unterschiedliche Regeln je nach Land
Für den Zweiradverkehr / E-Bikes:
- Separate, von der Straße und von Fußwegen abgetrennte Fahrspuren für Fahrräder, E-Bikes und andere Ein- bis Zweiräder - Breitere Fahrstreifen, so dass schnelle E-Bikes langsamere Zweiräder überholen können - Für schnelle E-Bikes standardmäßiger Tacho, damit der Fahrer stets weiß, wie schnell er unterwegs ist und sein Tempo den Straßenverhältnissen und der Höchstgeschwindigkeit anpassen kann
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