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Berliner Morgenpost: Mindestlöhne verbessern die Situation nicht - Kommentar

Berlin (ots)

Die Zahlen schrecken auf: 1,35 Millionen Menschen
sind in Deutschland auf staatliche Zuschüsse angewiesen - obwohl sie 
einen Job haben. In einzelnen Lohngruppen hat sich innerhalb von vier
Jahren die Zahl der sogenannten Aufstocker sogar verdoppelt. 
Inzwischen, so die neueste Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 
machen sie fast 27 Prozent aller Hartz-IV-Empfänger aus. Ein zu hoher
Anteil, denn eigentlich sollte man in Deutschland von seinem 
beruflichen Einkommen leben können.
Doch wie immer bei solchen Statistiken lohnt es sich, genau 
hinzusehen. So ist der Anstieg der Aufstocker vor allem bei den 
Langzeitarbeitslosen groß, die einen Minijob - meist entlohnt mit 400
Euro brutto im Monat - angenommen haben. In diesen Fällen ist die 
Entwicklung also eher zu begrüßen, denn diese seit langem 
erwerbslosen Menschen verbessern ja ihr vom Staat gesichertes 
Existenzminimum durch einen Zusatzverdienst und finden ein Stück weit
zurück ins Erwerbsleben. Doch auch die Zahl der 
Teilzeitbeschäftigten, die zwischen 400 und 800 Euro brutto monatlich
verdienen und zusätzlich auf staatliche Unterstützung angewiesen 
sind, ist gestiegen. Das verwundert wenig, denn mit einem solchen 
Teilzeitverdienst kann man kaum Wohnung, Heizkosten, Lebensmittel und
Versicherungen finanzieren. Dies gilt vor allem für die große Anzahl 
von alleinerziehenden Frauen, die wegen ihrer kleinen Kinder nicht 
voll arbeiten können. Sie sind deshalb besonders häufig unter den 
Aufstockern zu finden.
"Arm trotz Arbeit" - dies ist die Parole, mit der Gewerkschaften und 
Linkspartei angesichts der gestiegenen Aufstockerzahlen erneut einen 
gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland fordern. Die sogar von einem 
"Skandal" und "politischer Fahrlässigkeit" sprechen, wenn die 
Bundesregierung dies jetzt nicht sofort möglich mache. Doch das ist 
populistisches Getöse, denn mit Mindestlöhnen werden die Linken das 
eigentliche Problem derjenigen Aufstocker, die einen Vollzeitjob 
haben, nicht lösen. Ein Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde 
verbessert die finanzielle Situation dieser Vollzeitbeschäftigten - 
meist mit geringer Qualifikation und großer Familie - nicht. Sie 
brauchen heute schon zusätzlich staatliche Hilfe, weil sie mit ihrem 
Monatsverdienst ihre Familien nicht finanzieren können.
Und auch ohne einen allgemeinen Mindestlohn ist die Arbeitslosigkeit 
in Deutschland deutlich, zuletzt bis unter drei Millionen gesunken. 
Ergebnis des wirtschaftlichen Aufschwungs der vergangenen Jahre, aber
auch der von den Linken so heftig kritisierten Hartz-IV-Reformen. Die
Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat funktioniert, 
auch der Druck, sich schnell wieder Arbeit suchen zu müssen, um nicht
zum Hartz-IV-Empfänger zu werden, hat zur positiven Entwicklung 
beigetragen.
1,35 Millionen Menschen, die zu ihrem Teilzeit- oder Minijob 
zusätzlich staatliche Hilfe brauchen, ist eine große Zahl. Sie zeigt 
aber auch, dass in Deutschland niemand in Armut leben muss. Wenn der 
Lohn nicht ausreicht, hilft der Staat.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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