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Berliner Morgenpost: Ein Problem mit Namen Pofalla - Leitartikel

Berlin (ots)

Der Politiker kommt in zwei Ausführungen daher: als
Darstellungs- oder Entscheidungspolitiker. Ein klassischer Darsteller
ist der Außenminister, der auf Konferenzen gut aussehen muss; 
Entscheidungen von internationalem Gewicht aber trifft die Kanzlerin.
Die wichtigsten Entscheider im Berliner Räderwerk sind 
Fraktionsvorsitzende und Kanzleramtsminister. Der eine organisiert 
Mehrheiten für die Regierung; der andere ist für die reibungs- oder 
zumindest lautlose Arbeit zwischen Machtzentrale, Ministerien und 
Ministerpräsidenten zuständig, eine Dauerdrehscheibe der Macht, die 
permanent gehörige Fliehkräfte entwickelt. Ronald Pofalla bekleidet 
derzeit diesen Posten. Seine bislang auffälligste Amtshandlung: Er 
engagierte das Model Karina Döhrn (29) als Sprecherin.
Kanzleramtsminister - das ist der komplexeste politische Job der 
Republik, permanentes Jonglieren mit heißen Eisen, möglichst leise, 
unermüdlich, sattelfest in allen Themen, stur, listig, ebenso 
konflikt- wie verhandlungsfreudig, mit fachlicher wie persönlicher 
Autorität gesegnet und so ergeben, dass die Chefin mal ein paar Tage 
Weltgeschichte machen kann. Pofallas Problem: Er erfüllt allenfalls 
das letzte Kriterium.
Die Ursachen von Stolperstarts waren häufig im Kanzleramt zu finden. 
Bodo Hombach wollte den Job von Schröder, konnte ihn aber nicht und 
ging nach kaum einem halben Jahr. Frank-Walter Steinmeier 
organisierte die rot-grüne Regierung anschließend gut. Helmut Kohls 
erste Wahl hieß Waldemar Schreckenberger, genannt "Schrecki", der nur
zwei Jahre durchhielt. Schäuble, Seiters, Bohl machten ihre Sache 
besser.
Es darf als mittlere Sensation gelten, dass Thomas de Maizière die 
vier Jahre der ersten Legislatur Merkel durchhielt. Der promovierte 
Jurist, der bei Richard von Weizsäcker lernte und für Kurt Biedenkopf
die sächsische Staatskanzlei leitete, fiel, ähnlich wie Steinmeier, 
nicht weiter auf - das höchste Lob für einen "ChefBK".
Dass Schwarz-Gelb derart erbärmlich startete, mag auch den beiden 
kleinen Koalitionspartnern geschuldet sein. Hinzu kommt allerdings, 
dass seit de Maizières Abschied jede politische Mine mit 
größtmöglichem Knall detonierte. Finanzspektakel mit den 
Ministerpräsidenten, das unwürdige Steinbach-Gezerre, vor 
allem aber das Informationschaos im Kundus-Drama - all diese Krisen 
hätte man vorhersehen, zumindest aber zeitnah entschärfen können. 
Aber offenbar nicht Pofalla, der schon als Generalsekretär der CDU 
nicht ernst genommen wurde.
Unter Pofallas Leitung wird die Führungsverweigerung der Kanzlerin 
deutlicher als je zuvor. Nun rächt sich das Personalmanagement von 
Merkel, die bisweilen eher nach Unterwürfigkeit als nach Charakter 
und Qualifikation besetzt. Selbstbewusstsein und Widerspruchsfreude 
sind beim "ChefBK" unerlässlich. Zuwartende Kanzlerin und 
überforderter Amtschef - eine unselige Kombination.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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