BERLINER MORGENPOST: Entlastung an der falschen Stelle - Kommentar von Christine Richter zu den Plänen, Schwarzfahren nur noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden
Berlin (ots)
Nun also auch der Regierende Bürgermeister: Nachdem der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sich schon dafür ausgesprochen hatte, das Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen, dann Innensenator Andreas Geisel (SPD) die selbe Forderung erhob, ist nun auch Michael Müller (SPD) der Meinung, dass Schwarzfahren entkriminalisiert werden müsse. Weil die Gerichte überlastet sind, weil das Personal fehlt.
Schaut man sich die Zahlen an, so sind die Argumente tatsächlich auf Seiten derjenigen, die das Strafgesetzbuch ändern wollen: Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S-Bahn zählten im vergangenen Jahr rund 45.000 Menschen, die mehrfach schwarz fuhren. Denn nur diejenigen, die innerhalb eines Jahres drei Mal erwischt werden, werden überhaupt angezeigt.
Und von diesen rund 45.000 Schwarzfahrern wurden dann nur rund 6900 verurteilt - zu Strafen zwischen 30 bis 60 Tagen Haft. Der Aufwand ist also immens. Ich glaube, es wäre in der Tat besser, wenn man das Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einstufen würde - vorausgesetzt, es wird dann auch konsequent verfolgt.
Daran muss man aber in Berlin so seine Zweifel haben. Ich habe nämlich den Eindruck, dass die rot-rot-grünen Politiker schlicht die falschen Prioritäten setzen: Warum erleichtert man das Leben für die Schwarzfahrer, statt erst einmal dafür zu sorgen, dass mehr für die (zahlenden) Fahrgäste getan wird?
Bevor der Senat also für Schwarzfahrer kämpft, sollte er sich um die wesentlich wichtigeren Dinge kümmern. Wie um einen funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr.
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