Politik mit der Brechstange
Kommentar von Dominik Bath zur Bonpflicht
Berlin (ots)
Kurzform: Um den Irrsinn zu beenden, sollten die Finanzbehörden auf Bund- und Länderebene nun zumindest über den MIT-Vorschlag nachdenken, eine Wertgrenze für die verpflichtende Ausgabe von Bons einzuführen. Frankreichs Politiker haben gezeigt, wie verbraucher- und umweltfreundliche Politik mit Augenmaß funktioniert. Deutschland hingegen hat mit Blick auf die Bonpflicht bislang eher auf Politik mit der Brechstange gesetzt.
Der vollständige Kommentar: Händler sind erzürnt, Kunden genervt: Die seit Anfang des Jahres geltende Bonpflicht hat den Praxistest nicht bestanden. Zudem wirkt es in Zeiten der Digitalisierung in der Tat wie aus der Zeit gefallen, getätigte Verkäufe auch noch zusätzlich auf Papier dokumentieren zu müssen. Nicht nur die Berliner Mittelstandsvereinigung MIT fordert jetzt Änderungen. Bei aller Kritik gehört zur Wahrheit aber auch: Jedes Jahr gehen dem Staat mehrere Milliarden Euro Steuereinnahmen verloren, weil kriminelle Händler, Handwerker oder Gastronomen zu wenig Umsatzsteuer abführen. Allein bei einer im vergangenen Jahr durchgeführten Betriebsprüfung bei mehr als 2200 Berliner Gastronomen machten die Finanzbeamten hinterher Steuernachzahlungen in einer Gesamthöhe von mehr 50 Millionen Euro geltend. Für die Bekämpfung von Steuerbetrügern braucht es deswegen schlaue, vor allem digitale Lösungen. Und bei der Einführung neuer Kassensysteme ist natürlich auch die Wirtschaft gefordert. Bis dahin ist jedoch keinem Verbraucher zu erklären, warum der Bäcker für ein paar Brötchen auch noch den Kassenzettel über die Theke reichen muss. Um den Irrsinn zu beenden, sollten die Finanzbehörden auf Bund- und Länderebene nun zumindest über den MIT-Vorschlag nachdenken, eine Wertgrenze für die verpflichtende Ausgabe von Bons einzuführen. Frankreich hatte das in der vergangenen Woche vorgemacht. Dort wurde beschlossen, dass schon ab September für Beträge bis zu zehn Euro Kassenzettel nicht mehr automatisch ausgedruckt werden müssen. Frankreichs Politiker haben gezeigt, wie verbraucher- und umweltfreundliche Politik mit Augenmaß funktioniert. Deutschland hingegen hat mit Blick auf die Bonpflicht bislang eher auf Politik mit der Brechstange gesetzt.
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