Kinder nicht allein lassen
Kommentar von Philipp Siebert zur Gewalt an Kindern während Corona-Schulschließungen
Berlin (ots)
Kurzform:
Laut der Gewaltschutzambulanz der Charité ist die Zahl der Übergriffe in den eigenen vier Wänden während der Corona-Krise in Berlin nicht nur dramatisch angestiegen, die Gewalttaten sind auch brutaler geworden. Schulen und Kitas waren zu. Kinder, die zu Hause Gewalt erfahren, wurden über Wochen mit ihren prügelnden Eltern allein gelassen. Ein Umstand, der bei einer erneuten Schließung mehr in den Fokus rücken sollte. Denn bei Schulen und Kindergärten handelt es sich nicht nur um Orte der Erziehung und Wissensvermittlung, sondern auch um Orte der sozialen Kontrolle. Niemand konnte hingucken, nachfragen, helfen. Es ist ein weiterer Grund dafür, dass eine zweite Infektionswelle verhindert werden muss. Dafür, sich an Abstandsregeln oder Maskenpflicht zu halten. Denn ein erneuter Lockdown hätte zu viele negative Folgen.
Der vollständige Kommentar:
Das Veilchen unter dem Auge, blaue Flecken am Arm. Der Junge, der zusammenzuckt, sobald sich ein Erwachsener ihm nur nähert. Das Mädchen, das nicht am Sportunterricht teilnehmen will aus Angst, ihre Mitschülerinnen könnten ihren grün und blau geschlagenen Körper sehen. Das sind Fälle, wo Lehrer und Erzieher aufmerksam werden. Wo sie das Gespräch mit den Kindern suchen und fragen, was da zu Hause eigentlich los ist. Wer ihnen das antut. Wo Pädagogen handeln und helfen können. Laut der Gewaltschutzambulanz der Charité ist die Zahl der Übergriffe in den eigenen vier Wänden während der Corona-Krise in Berlin nicht nur dramatisch angestiegen, die Gewalttaten sind auch deutlich brutaler geworden. Bei minderjährigen Opfern wurde ein Plus von 23 Prozent verzeichnet. Schulen und Kitas waren zu. Kinder, die zu Hause Gewalt erfahren, wurden über Wochen mit ihren prügelnden Eltern allein gelassen. Ein Umstand, der bei allen Diskussionen rund um die Wiedereröffnung von Kitas und Schulen nur am Rande betrachtet wurde. Und ein Umstand, der bei einer möglicherweise anstehenden erneute Schließung mehr in den Fokus rücken sollte. Denn bei Schulen und Kindergärten handelt es sich nicht nur um Orte der Erziehung und Wissensvermittlung, sondern auch um Orte der sozialen Kontrolle. Die ist für lange Zeit weggefallen. Niemand konnte hingucken, nachfragen, helfen. Es ist ein weiterer Grund dafür, dass eine zweite Infektionswelle in Berlin verhindert werden muss. Dafür, sich an Abstandsregeln oder Maskenpflicht in Bahn und Supermarkt zu halten. Dafür, dass wir das Gewonnene nicht leichtfertig aus egoistischen Gründen aufs Spiel setzen dürfen. Denn ein erneuter Lockdown hätte, das belegen die neuen Zahlen, zu viele negative Folgen.
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