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Schwieriger Schulstart
Leitartikel von Susanne Leinemann zum Regelbetrieb in Berliner Schulen

Berlin (ots)

Kurzform:

In der Hauptstadt hinkt auch ohne Pandemie, in normalen Zeiten, eine viel zu große Zahl von Schülern mit ihren Lernleistungen hinterher. Der Fernunterricht mag geklappt haben; aber selbst in Elternhäusern, wo alle motiviert das Kind unterstützten, trat Ermüdung ein. Noch haben Berlins Schüler die Chance, die Pandemie ohne größere Schäden zu überstehen - zumindest, was ihre Bildung angeht. Das, was fehlt, kann aufgeholt werden. Das Virus ist dynamisch, die Schulen müssen auch dynamisch reagieren. Die Schulzeit ist die Basis für das spätere Leben, und diese Basis braucht jeder Mensch, der ein erfülltes Berufsleben haben möchte. Darum ist es richtig, diesen Weg zu gehen; achtsam natürlich. Sollten die Infektionszahlen wieder steigen, müssen alle reagieren, klar. Aber ansonsten gibt es keine Alternative zur Schule, auch nicht digital.

Der vollständige Leitartikel:

Am Ende der Pressekonferenz sagte die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag einen fast zarten Satz zum kommenden Schuljahr: "Es ist wichtig, in den nächsten Monaten achtsam miteinander umzugehen." Für die Schulen heißt das konkret: die Maske diszipliniert auf den Gängen zu tragen, möglichst in festen Schülergruppen bleiben, sich als Schüler nicht gegenseitig in die Arme zu fallen und so oft wie möglich in den Klassenräumen die Fenster aufzureißen. Lüften ist das neue Händewaschen - nichts hilft in geschlossenen Räumen mehr als Luftzirkulation, damit mögliche keimdurchsetzte Aerosole in Bewegung bleiben und sich schnell auflösen. Ein bisschen Maske, ein paar schlichte Regeln, lüften, lüften, lüften, das klingt so einfach, fast naiv. Es dauerte nicht lange, da reagierte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin dann auch scharf auf die Senatorin und ihre Verwaltung. "Die Kollegen fühlen sich in den Schulen allein gelassen", schimpfte die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik. "Es herrscht riesige Unsicherheit, wie der Schulalltag mit den einzuhaltenden und mitunter widersprüchlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen aussehen soll." Man verstehe das Bedürfnis nach einem geregelten Schulstart, aber es sei unverantwortlich, die Abstandsregeln für die Schule aufzuheben und bei der Klassenstärke wieder auf Normalgröße zu gehen. Und auch viele Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder ohne Maske für Stunden in einem geschlossenen Raum sitzen. Kann das gut gehen? Zur Wahrheit gehört: Auch nach sechs Monaten Corona-Pandemie fahren die Schulen in Berlin und in ganz Deutschland weiterhin auf Sicht. Aber die Angst vor Lernlücken aufgrund von beschränktem Unterricht, die nicht mehr geschlossen werden können, ist offenbar größer als die Sorge vor dem Virus - zumindest so lange die Infektionszahlen auch in Berlin noch eher niedrig sind. In der Hauptstadt hinkt auch ohne Pandemie, in normalen Zeiten, eine viel zu große Zahl von Schülern mit ihren Lernleistungen hinterher. Wenn hier wochenlang Unterricht auf gedrosselter Drehzahl gemacht wird, ist die Gefahr tatsächlich groß, bildungsmäßig eine ganze Corona-Generation zu verlieren. Es gibt letztlich zum Präsenzunterricht keine Alternative. Der Fernunterricht mag manchmal einigermaßen geklappt haben; aber selbst in Elternhäusern, wo alle motiviert das Kind unterstützten, trat Ermüdung ein. Und die Unterstützungsinstrumente, die flott eingeführt wurden, wie "Lernbrücken" oder "Sommerschule", sind zwar bemüht. Aber effektiv? Das darf bezweifelt werden. Noch haben Berlins Schüler die Chance, die Pandemie ohne größere Schäden zu überstehen - zumindest, was ihre Bildung angeht. Glücklicherweise lagen in der Zeit der Schulschließungen die Osterferien, der Mai und Juni hatte viele Feiertage, und kurz vor den Sommerferien dümpelt das Schuljahr ja eh häufig aus. Das, was fehlt, kann aufgeholt werden, wenn man sich auf die Kernfächer konzentriert. Und manches andere versendet sich vermutlich. "Es sind alles ganz neue Erfahrungen, die wir machen", sagte Scheeres. Das stimmt. Das Virus ist dynamisch, die Schulen müssen auch dynamisch reagieren. Berlin versucht - wie die anderen Bundesländer - wieder in den Regelbetrieb zu kommen, weil alle wissen, dass Kinder und Jugendliche ein Recht auf Bildung haben. Die Schulzeit ist die Basis für das spätere Leben, und diese Basis braucht jeder Mensch, der ein erfülltes Berufsleben haben möchte. Darum ist es richtig, diesen Weg zu gehen; achtsam natürlich. Sollten die Infektionszahlen wieder steigen, müssen alle reagieren, klar. Aber ansonsten gibt es keine Alternative zur Schule, auch nicht digital.

Pressekontakt:

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Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

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