Start mit heikler Hypothek
Kommentar von Isabell Jürgens zu Rot-Grün-Rot und den Linken
Berlin (ots)
Kurzkommentar: Das erforderliche Quorum wird bei allen drei Partnern wohl erreicht. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein Regierungsbündnis, das mit so einer schweren Hypothek startet, wohl die fünf Jahre einer Legislaturperiode überdauern kann. Der Druck der Linken-Basis auf ihre Parteiführung ist enorm, und die Gräben insbesondere zur SPD sind bereits bei vielen Sachfragen schon heute so tief, dass mit einem vorzeitigen Ende durchaus zu rechnen ist.
Der vollständige Kommentar: Berliner SPD, Grüne und Linke befragen in diesen Tagen ihre Basis, ob sie dem Koalitionsvertrag zustimmen wollen. Während SPD und Grüne die Delegierten auf den Parteitagen abstimmen lassen, wird die Linke als einzige der drei künftigen Regierungspartner ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag entscheiden lassen.
Dass der Linke-Landesverband mit den Traumwerten von 90 Prozent Zustimmung beim Mitgliederentscheid von 2016 diesmal nicht rechnen darf, gilt als sicher. Am Donnerstag hat der Neuköllner Bezirksverband mit großer Mehrheit gegen die Unterzeichnung des ausgehandelten Papiers gestimmt. Und im Internet opponiert eine Initiative linker Parteimitglieder auf der Seite zusammen-fuer-eine-linke-opposition.de offen gegen eine Weiterführung des Dreierbündnisses. In der Liste der Unterstützer finden sich durchaus auch viele Vertreter anderer Bezirksverbände.
Im Fokus der parteiinternen Kritik steht nicht nur der Umgang mit dem Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Auch der Ausbau polizeilicher Videoüberwachung, die Ausschreibung der S-Bahn oder das Bündnis mit der privaten Wohnungswirtschaft, die sich im Koalitionspapier wiederfinden, obwohl die Linke dies immer abgelehnt hat, ist vielen Mitgliedern ein Dorn im Auge.
Das erforderliche Quorum wird bei allen drei Partnern aber wohl dennoch erreicht. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein Regierungsbündnis, das mit so einer schweren Hypothek startet, wohl die fünf Jahre einer Legislaturperiode überdauern kann. Der Druck der Linken-Basis auf ihre Parteiführung ist enorm, und die Gräben insbesondere zur SPD sind bereits bei vielen Sachfragen schon heute so tief, dass mit einem vorzeitigen Ende durchaus zu rechnen ist.
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