Berliner Morgenpost: Wassersparen ist angesagt
Leitartikel von Joachim Fahrun
Berlin (ots)
Es ist noch nicht so lange her, da dachten Berlins Wassermanager nur halb im Scherz über eine "Wasser-Flatrate" nach. Die Menschen sollten für einen Fixpreis so viel Wasser verbrauchen dürfen, wie sie wollten, um überdimensionierte Kanäle zu spülen und den Anstieg des Grundwassers zu verhindern. Inzwischen macht sich der Klimawandel in wiederholten Dürresommern und Wintern mit sturzflutähnlichem Starkregen auch in unserer Region bemerkbar - und alles ist anders, wenn es um unsere wichtigste Lebensgrundlage geht, das Wasser.
Vor allem unter den Hochflächen nördlich und südlich des Berliner Urstromtals sinken die Grundwasserstände, die Flüsse führen weniger Wasser, Tümpel trocknen aus, in Seen weicht die Wasserlinie sichtbar zurück. Aktuell mag das noch nicht dramatisch sein. Für die in Investitionszyklen von Jahrzehnten denkende Wasserwirtschaft aber ist es fünf vor zwölf.
Deutschlands Osten ist eine Dürreregion geworden. Und nichts deutet darauf hin, dass sich das nachhaltig ändern wird. Für einen Ballungsraum, der sich anders als die meisten anderen Großstädte aus seinem eigenen Untergrund mit Wasser versorgt, ist das beunruhigend.
Wir müssen rasch gegensteuern. Regenwasser gehört aufgefangen, um es in Grünanlagen zu versickern oder in austrocknende Tümpel zu leiten. Hier sind alle Grundbesitzer gefordert. Der dritte betonierte Stellplatz auf dem Gelände muss dann eben weg. Denn Wasser soll lokal genutzt werden, um die Grundwasserspeicher aufzufüllen, die Vegetation zu retten und so der Erwärmung in der Stadt entgegenzuwirken.
Selbst ein praktisch denkender Anlagenbauer wie der neue Berliner-Wasserbetriebe-Chef Christoph Donner spricht ganz selbstverständlich von 50 Grad, auf die sich die Stadt an heißen Sommertagen aufheizen wird. In Südspanien sprühen die Städte bei solchen Temperaturen Wassertropfen über die Plätze, damit die Menschen die Hitze überhaupt aushalten.
Auch das gereinigte Abwasser ist viel zu kostbar, um es einfach über Havel und Elbe ins Meer zu leiten. Die Landwirte im trockenen Brandenburg haben längst ein Auge darauf geworfen, denn ohne Bewässerung wird künftig wenig wachsen im Berliner Umland. Aber auch Berlins Parks und Straßenbäume wären dankbare Abnehmer der lokalen Ressource. Und sogar ein Wiedereinsatz als Trinkwasser ist vorstellbar, wenn die für viele Millionen Euro ertüchtigten Klärwerke der Zukunft das Nass noch gründlicher reinigen als bisher. Das alles wird kompliziert und teuer. Aber jedem leuchtet ein, dass wir nicht dauerhaft mehr Wasser verbrauchen dürfen, als die Natur uns liefert und als wir durch kluges Management erhalten können.
Für uns Bürgerinnen und Bürger ist die Aufgabe klar: Wassersparen ist angesagt. Der saftig grüne Rasen vor dem Haus gehört auch in anderen Trockenzonen der Welt der Vergangenheit an. Trotz der guten Finanzlage der Berliner Wasserbetriebe werden die Tarife steigen, denn der Umbau der Infrastruktur will bezahlt werden. Dabei sollte unbedingt eine verbrauchsabhängige Komponente eingebaut werden. Wer sich einen Pool gönnt oder sein Anwesen wässert, sollte dafür deutlich mehr pro verbrauchtem Liter bezahlen als jemand, der nur duscht.
Als letztes Mittel blieben dann immer noch Wassersperren oder eine Zuteilung von Mengen, wie es sie anderswo auf der Welt schon lange gibt. Leider ist das für unsere trockene Region kein Schreckensszenario, sondern unter Fachleuten eine weitgehend unstrittige Perspektive.
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