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Berliner Morgenpost: Scholz' Scherbenhaufen
Leitartikel von Jan Dörner

Berlin (ots)

Der Bundeskanzler und seine Regierung stehen vor einem Scherbenhaufen. Nach und nach werden die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik der Ampel-Regierung immer deutlicher - und damit die schweren finanzpolitischen Fehleinschätzungen der Koalition. Dieser Scherbenhaufen ist der Scherbenhaufen von Olaf Scholz.

In der SPD wird gerne auf die Erfahrung und das Fachwissen des Kanzlers verwiesen, wenn es um seine Qualitäten und Qualifikationen geht. Niemand mache Scholz etwas vor, er kenne sich meist besser aus als seine Fachminister, so wird von Sozialdemokraten der Mann an der Spitze gelobt. Wenn einer weiß, wie Regieren geht - dann Scholz. Der Kanzler selbst ist ein Typ von der Sorte, der solche Aussagen über sich ohne mit der Wimper zu zucken unterschreiben würde.

Umso unbegreiflicher ist, dass ausgerechnet der frühere Finanzminister Scholz die gesamte Politik seiner Koalition finanzpolitisch auf Sand gebaut hat. Die Richter in Karlsruhe hatten geurteilt, dass die Finanzierung des wichtigen Klimafonds KTF verfassungswidrig ist. Aus dem Topf sollten zahlreiche Projekte zum klimafreundlichen Umbau von Wirtschaften und Wohnen finanziert werden.

War die Sperre des Topfes bereits ein heftiger Kinnhaken für die Regierung, erwartet sie weitere Tiefschläge: Inzwischen geht die Koalition davon aus, dass auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF so nicht zu halten ist. Der Sondertopf war nach demselben Prinzip wie der Klimafonds finanziert worden: Die Ampel hatte sich verschuldet, um das Geld in späteren Jahren auszugeben. Das Bundesverfassungsgericht sah darin einen Buchungstrick, der unvereinbar mit den Regeln der Schuldenbremse ist.

Der Rechnungshof warnt die Regierung, dass die Haushalte für dieses Jahr und 2024 "in verfassungsrechtlicher Hinsicht für äußerst problematisch" zu bewerten seien. Das Finanzministerium tritt nun erst einmal voll auf die Bremse und verbietet allen Ministerien neue Finanzzusagen für die kommenden Jahre. Soweit die finanzpolitischen Details, zurück zur Lage der Regierung und ihrem Kanzler.

Nach den turbulenten ersten beiden Jahren hatten sich die Ampel-Partner in der Sommerpause versprochen, eine Phase der Ruhe einkehren zu lassen. Einfach Politik machen, lautete der Schwur. Die Koalition wollte beweisen, dass sie es kann, wollte Probleme lösen, um den Menschen die Angst vor der Zukunft und ihren Herausforderungen zu nehmen. Und um so auch die hohen Zustimmungswerte zur AfD wieder zu drücken.

Am Ende dieses Jahres ist die Koalition aber zurück in Chaos und Unsicherheit. Es ist derzeit vollkommen unklar, ob sie noch wichtige Wirtschaftsansiedlungen mit staatlichen Geldern unterstützen kann. Die Regierung weiß nicht, ob sie die gerade erst verlängerten Energiepreisbremsen weiterhin bezahlen und so Verbraucher vor der finanziellen Kapitulation schützen kann, wenn die Strom- und Gasrechnung zu hoch ist.

Verzweifelt sucht die Koalition nach Lösungen. Die erneute Aussetzung der Schuldenbremse wird diskutiert, doch das lehnt die FDP ab. Steuererhöhungen wären eine andere Option, auch dagegen ist die FDP. Sie macht im Gegenzug den Vorschlag, etwa Sozialleistungen zu kürzen. Dagegen sind SPD und Grüne. Derzeit ist schwer vorstellbar, wie dieses Bündnis die Gemeinsamkeiten und die Kraft finden will, aus dieser Situation herauszukommen. Olaf Scholz muss jetzt dringend erklären, wie er weiter regieren will.

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