Berliner Morgenpost: Stillen geht nur Mütter etwas an
ein Kommentar von Alina Juravel
Berlin (ots)
Stillen ist ein intimer Moment zwischen Mutter und Kind. Eine private Angelegenheit, so könnte man meinen, in die sich niemand einzumischen hat. Doch der Schein trügt. Denn eine Mutter und ihre Brust stehen ständig in der gesellschaftlichen Bewertung. Das Stillen ist längst zum Politikum geworden, das irrationale Debatten nach sich zieht und zeigt: Eine Frau kann es der Gesellschaft nie recht machen.
Eine Mutter muss ihr Kind stillen - so die allgemeine Erwartungshaltung. Immerhin gilt die Muttermilch als ideale Nahrung für Säuglinge. Entscheidet sich eine Frau gegen das Stillen, weil es bei ihr nicht klappt oder sie es schlichtweg nicht will, wird sie schnell als Rabenmutter deklariert. Will sie ihrem Baby in der Öffentlichkeit die Brust geben, erntet sie oft empörte Blicke, manche Mütter werden deshalb gar aus Lokalen verwiesen. Plant eine Mutter, ihr Kind nach wenigen Wochen oder Monaten abzustillen, wird ihr Egoismus vorgeworfen. Und jetzt geht die nächste Stilldebatte viral: Wie lange kann eine Frau ihr Kind stillen, ohne dass es als komisch und eklig bewertet wird?
Das sogenannte Langzeitstillen, also Stillen nach dem 12. Lebensmonat, gilt auch im Jahr 2024 als ein Tabuthema und kann auf sozialen Netzwerken ganze Shitstorms verursachen. Es scheint, als gebe es nur ein kurzes Zeitfenster, in dem das Stillen gesellschaftlich akzeptabel ist. Anschließend mutiert die Brust wieder zum sexualisierten Körperteil. Dabei geht das Stillen und Abstillen nur zwei Personen etwas an: die Mutter und das Kind. Nur diese beiden Akteure sollen ohne Zwang entscheiden können, wie lange sie das Stillen brauchen. Niemand anderes hat sich ungefragt in diese Beziehung einzumischen.
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