Berliner Morgenpost: Kommentar - Brandenburg
Berlin (ots)
Also wieder Große Koalition in Potsdam. Weder SPD noch PDS hatten wohl ein ernsthaftes Interesse an einem rot-roten Bündnis. Die im Sieg Federn lassende SPD nicht, weil es sich mit einem schwachen Partner leichter regieren lässt als mit einer starken Partnerin; die PDS nicht, weil eine weitere Regierungslast auf ihrem Weg zurück in den Bundestag nur Ballast wäre. Nach dem Abbruch der Sondierungsverhandlungen mit der SPD kann die durch die Wahlen gestärkte SED-Nachfolgepartei nun weiter munter Opposition machen. Das aber hoffentlich besser als in der vergangenen Legislaturperiode. Hat sich die Union unter Jörg Schönbohm in den letzten fünf Jahren nicht immer zwischen Regieren und Opponieren entscheiden können, so trifft das umgekehrt auch auf die PDS zu. Wie bei dem vermessenen Milliarden-Projekt Chipfabrik, dessen Scheitern schon früh absehbar war, schien es zuweilen, dass die PDS ihren demokratischen Auftrag vergessen hat. So sehr hängte sie ihr Fähnlein in den Regierungswind. Wollen Regierung und Opposition das Land in dieser schwierigeren Zeit nach vorne bringen, müssen die regierenden Parteien wie auch die PDS ihren Auftrag deutlich besser erfüllen. Die Gefahr ist groß, dass SPD und CDU bei ihren Koalitionsverhandlungen das notwendige Umsteuern erneut unterlassen und sich stattdessen für gegenseitige Gesichtswahrungs-Operationen entscheiden. Solche Deals kann Brandenburg sich nicht mehr leisten: Das Land liegt bei der Verschuldung weiter an der Spitze, die Arbeitslosigkeit ist weiter gestiegen. Vor allem die wachsenden Unterschiede zwischen dem Speckgürtel und der Peripherie stellen die neue Regierung vor eine Herausforderung. Brandenburgs miserable Pisa- Ergebnisse verlangen, der Schulbildung mehr Beachtung zu schenken auch finanziell. Regierungschef Matthias Platzeck macht durchaus den Eindruck, als wolle er mit seiner SPD den Aufbruch aus Stolpes kleiner DDR wagen. Die Union unter Jörg Schönbohm muss aufpassen, dass sie dabei nicht den Anschluss verliert. Sie, die Reformen anmahnt, sollte innerparteilich reformfähiger werden. Auf die Koalition kommt eine weitaus schwierigere Zeit zu als beim letzten Mal. Von der jeweiligen Parteiführung hängt nun ab, ob Egoismen weiterhin zu faulen Kompromissen führen oder ob Brandenburg in Zukunft mutig regiert wird.
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