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Anerkennung durch wissenschaftliche Aufarbeitung
Prof. Dr. Heiner Fangerau übergibt Forschungsbericht zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Leids und Unrechts, das Kinder oder Jugendliche.....

Hannover (ots)

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Prof. Dr. Heiner Fangerau übergibt Forschungsbericht zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Leids und Unrechts, das Kinder oder Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie erfahren haben

Bund, Länder und Kirchen haben die Stiftung Anerkennung und Hilfe errichtet, um Betroffene zu unterstützen, die zwischen 1949 und 1975 als Kinder oder Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland bzw. zwischen 1949 und 1990 in der ehemaligen DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben und heute noch an den Folgen leiden. Hierfür haben sie rund 305 Mio. Euro zugesagt. Ein Großteil der Summe, 204 Mio. Euro, ist bereits als individuelle Anerkennungsleistung ausgezahlt worden.

Eine wichtige Säule der Stiftung ist die unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung, die einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung und Aufarbeitung des Erlebten leisten und erlittenes Leid und Unrecht öffentlich sichtbar machen soll. Im Auftrag der Stiftung hat dazu ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Standorte unter der Koordination der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Umstände in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie in West- und Ostdeutschland in den genannten Zeiträumen untersucht.

Auf Basis von exemplarischen Einrichtungs- und Querschnittsstudien sind der Lebensalltag in den Einrichtungen rekonstruiert und Formen pädagogischer, medizinischer und therapeutischer Gewalt sowie der Einsatz von Arzneimitteln und die Durchführung von Medikamentenstudien analysiert worden.

Herr Professor Dr. Heiner Fangerau, Leiter des Forschungsteams, hat diesen Forschungsbericht heute im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Träger der Stiftung, vorgestellt und den Vertretungen des Bundes, der Länder sowie der Kirchen übergeben.

Die Erkenntnisse aus dem Forschungsbericht untermauern und erweitern die Bestrebungen der Errichter der Stiftung Anerkennung und Hilfe in hohem Maße und bilden neben der öffentlichen Anerkennung und der individuellen Anerkennung und Unterstützung eine bedeutende Wegmarke im gemeinsamen Prozess von Bund, Ländern und Kirchen, ein sehr dunkles Kapitel deutscher Sozialgeschichte aufzuarbeiten. Aus den Erkenntnissen der Forschung sind Schlüsse zu ziehen für die Prävention und die Aufsicht. Sowohl der heute vorgelegte Forschungsbericht als auch die öffentliche Wahrnehmung und die individuelle Anerkennung durch materielle Leistungen können eine große Unterstützung für Betroffene sein. Die Errichter sind sich einig, dass der gesamtgesellschaftliche Prozess der Anerkennung, Aufarbeitung und Erinnerung wichtig bleibt.

Die Errichter der Stiftung danken den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für die geleistete Forschungsarbeit. Besonderer Dank gilt allen Betroffenen, die sich mit qualitativen Interviews und über das Online-Portal unmittelbar beteiligt haben.

Im Rahmen einer digitalen Veranstaltung am 14. Oktober 2021 sollen die Ergebnisse des Forschungsberichts der Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert werden. Den Forschungsbericht, eine Zusammenfassung der Ergebnisse, das Programm zur Veranstaltung sowie weitere Hinweise zur Livestream-Übertragung und Anmeldung finden Sie auf der Internetseite der Stiftung: www.stiftung-anerkennung-und-hilfe.de.

Hannover, 30. September 2021

Pressestelle der EKD

Diese Pressemitteilung wird zeitgleich von mehreren Pressestellen verschickt. Doppelungen bitten wir zu entschuldigen.

Es folgt das

Statement für die Kirchen durch Prälat Dr. Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union(es gilt das gesprochene Wort)

Pressekonferenz Stiftung Anerkennung und Hilfe zur Vorstellung des Forschungsberichts von Prof. Dr. Heiner Fangerauam 30. September 2021 in Berlin

Mit der Stiftung Anerkennung und Hilfe haben Bund, Länder und Kirchen 2017 ein dringend erforderliches Hilfesystem errichtet. Die Kirchen haben immer wieder darauf gedrungen, auch für Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in stationären psychiatrischen Einrichtungen Leid und Unrecht erfahren haben, und die bei den Heimkinderfonds nicht berücksichtigt wurden, eine Möglichkeit der Anerkennung und Aufarbeitung zu finden. Ein wichtiger Teil der Arbeit der Stiftung ist im Interesse der Betroffenen die institutionelle Aufarbeitung, deren Kernelement in der umfangreichen Forschungsarbeit besteht, die heute veröffentlicht wird.

Die wissenschaftliche Forschung ist aber nur eine der Säulen der Stiftung. Von entscheidender Bedeutung ist als zweite Säule vor allem, dass das von den Betroffenen erlittene Leid und Unrecht anerkannt und die daraus entstandenen Belastungen für ihr weiteres Leben gemildert werden. Eine Anmeldung zum Erhalt von Leistungen aus der Stiftung ist wegen der Besonderheit der Gruppe der Betroffenen, für die diese Stiftung errichtet wurde, und aufgrund der Bedingungen der Corona-Pandemie zweimal auf insgesamt 4,5 Jahre verlängert worden. Bewusst sind die Kriterien für eine erfolgreiche Anmeldung zu Leistungen der Stiftung niedrigschwellig gehalten. Das Stiftungsvermögen wurde anhand des zu erwartenden Mehrbedarfs aufgestockt.

Um die materielle Not zu lindern, die durch das Leid und Unrecht ausgelöst wurde, leistet die Stiftung Anerkennungsleistungen und Rentenersatzleistungen bis zu einer Höhe von insgesamt 14.000 Euro pro Person. Bisher haben rund 20.000 Betroffene Leistungen erhalten. Und die Errichter haben sich verpflichtet, jede innerhalb der Frist eingegangene Anmeldung zu bearbeiten und die Leistungen auszuzahlen. Etwas mehr als 300 Millionen Euro sind in der Stiftung vorgesehen, der Großteil hierfür für materielle Leistungen.

Eine dritte Säule ist die Benennung und öffentliche sowie individuelle Anerkennung des erlittenen Leides und Unrechts. Dies geschah in einer bundesweiten Veranstaltung im Mai 2019 in Berlin und auch in weiteren Veranstaltungen in den vergangenen Jahren. Daneben, und dies ist besonders wichtig, finden die Betroffenen Angebote für Gespräche und individuelle Anerkennung in den Anlauf- und Beratungsstellen der Stiftung. In diesen Gesprächen werden sie mit ihrer individuellen Biographie und Leidensgeschichte an- und ernstgenommen. Zu lange wurden Betroffene überhört oder wurde ihnen nicht geglaubt. Dies ist vorbei. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Stellen gilt hierfür unser Dank.

Wir stehen in der bleibenden Verpflichtung, aus diesen dunklen Kapiteln der Unterbringung in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie zu lernen und uns dafür einzusetzen, dass Derartiges heute und in Zukunft nicht mehr passiert. Sowohl der heute vorgelegte Forschungsbericht als auch die öffentliche Wahrnehmung und die individuelle Anerkennung durch materielle Leistungen können hier eine große Unterstützung sein.

Wenngleich die strukturellen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Psychiatrie und der Behindertenhilfe sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert haben, gilt es auch heute und für die Zukunft, wachsam und sensibel zu bleiben für die Belange der bei uns Hilfe, Förderung und Unterstützung suchenden Menschen, um zu verhindern, dass erneut individuelles und strukturelles Unrecht geschieht und Leid verursacht wird, wo eigentlich ein Ort der Sicherheit, der Selbstbestimmung, der Würde und der christlichen Nächstenliebe bestehen sollte.

Pressekontakt:

Carsten Splitt
Evangelische Kirche in Deutschland
Pressestelle
Stabsstelle Kommunikation
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: presse@ekd.de

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