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Märkische Oderzeitung

Märkische Oderzeitung: Die "Märkische Oderzeitung" stellt Ihnen vorab die nachrichtliche Fassung und den Wortlaut eines Interviews mit dem polnischen Publizisten Adam Krzeminski zur Verfügung

Frankfurt/Oder (ots)

1. Nachricht
Die deutsche Politik sollte mit dem neugewählten polnischen 
Präsidenten Lech Kaczynski und dessen Partei "Recht und 
Gerechtigkeit" rasch in einen intensiven Dialog treten und dadurch 
gegenseitige Berührungsängste abbauen. Diese Empfehlung gab der 
Warschauer Publizist Adam Krzeminski in einem Gespräch mit der 
"Märkischen Oderzeitung" (Dienstagausgabe). Zu der in Deutschland 
herrschenden Befürchtung vor einer Verschlechterung des Verhältnisses
beider Länder sieht Krzeminski keinen Grund. Kaczynski sei bisher in 
erster Linie ein Innenpolitiker gewesen, seine Partei müsse ihre 
Außenpolitik erst noch definieren. Obwohl ihm einige Angehörige 
seines Lagers mit antideutschen Äußerungen Stimmen verschafft hätten,
würden die künftige Regierung und der neue Präsident schon bald 
beweisen wollen, dass sie international berechenbare Partner seien. 
Deutschland sollte dies unterstützen.
2. Interview
Märkische Oderzeitung: Die Wahl Lech Kaczynskis hat wegen der von 
ihm zu hörenden Aussagen in Deutschland ziemliche Bestürzung 
hervorgerufen. Besteht dazu Grund?
Adam Krzeminski: Ich glaube nicht. Kaczynski war bisher in erster 
Linie ein Innenpolitiker. Er hat gesagt, dass er sich vor allem um 
die moralische Wende und die größere Transparenz und Straffung des 
Staatsapparates in Polen kümmern werde. Im Wahlkampf hat er dagegen 
zur Außenpolitik wenig gesagt. Und er hat sich sogar gegenüber 
denjenigen aus seinem Lager distanziert, die die antideutsche Karte 
ziehen wollten. Obwohl ihm diese Stimmen letztendlich natürlich auch 
genutzt haben.
MOZ: Wie wird das künftige deutsch-polnische Verhältnis aussehen?
A. K.: Das ist im Moment noch schwierig zu sagen, da das 
politische Lager von Kaczynski, welches ja auch die Parlamentswahlen 
gewonnen hat, seine Außenpolitik erst definieren muss. Ich kann mir 
sogar vorstellen, dass man nach den ersten 
"Versuch-und-Irrtum"-Erfahrungen in eine Art Charme-Offensive gehen 
wird, um zu zeigen, dass Polen ein berechenbarer und zuverlässiger 
Partner ist. Es ist jedenfalls unvorstellbar, dass wir wieder in die 
Zeit vor der Verständigung in den 90er Jahren zurückfallen.
MOZ: Aber die frühere Idealvorstellung einer 
französisch-deutsch-polnischen Stabilitätsachse in der EU ist doch 
weiter als je entfernt?
A. K.: Das polnisch-amerikanische Verhältnis stand für Kaczynski 
bisher im Vordergrund. Aber er hat auch gesagt, dass die EU für Polen
bedeutsam ist. Schon am Sonntagabend hat ihn der französische 
Präsident Chirac zu einem Besuch nach Frankreich eingeladen. Der soll
bald nach Kaczynskis Amtsantritt stattfinden und es soll dabei auch 
um die Europapolitik gehen.
MOZ: Ist das eine Empfehlung an Deutschland, den neuen polnischen 
Präsidenten ebenso rasch nach Berlin einzuladen?
A. K.: Ich würde mich natürlich freuen, wenn beide Seiten dazu die
Initiative ergriffen. Man muss in Deutschland verstehen, dass jetzt 
in Warschau eine neue Formation zum Zuge kommt, die wahrscheinlich 
über längere Zeit die polnische Politik bestimmen wird. Deshalb muss 
man die Gespräche mit ihr intensivieren und die beiderseitigen 
Berührungsängste abbauen.
MOZ: Die Kaczynski-Zwillinge haben eine neue Sozialpolitik 
angekündigt, die sich von den bisher doch eher liberalen, an den USA 
und Großbritannien orientierten Vorstellungen Polens unterscheidet. 
Ist da eine grundsätzliche Wende zu erwarten?
A. K.: Das wird man sehen. Die beiden Kaczynskis sind ja keine 
Neulinge in der Politik, der künftige Präsident war in den 90er 
Jahren schon einmal Justizminister und Chef des Rechnungshofes. Auch 
die West-Ost-Spaltung unseres Landes, die sich bei den Wahlen erneut 
gezeigt hat - die eher Europa-freundlichen Menschen im Westen haben 
mehr für Tusk, die im Osten und Süden mehr für Kaczynski gestimmt - 
gibt es seit mindestens zehn Jahren. Es gibt bei uns einen alten 
Grundsatz: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. +++

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cvd@moz.de

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