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WAZ: USA debattieren über Irak-Abzug: Mission impossible - Leitartikel von Markus Günther

Essen (ots)

Es lohnt sich, genau hinzuhören, wenn US-Präsident
Bush spricht: Ein Abzug der US-Truppen aus dem Irak zum jetzigen 
Zeitpunkt komme nicht infrage, denn erst müsse man General Petraeus 
die Chance geben, "seinen Plan" umzusetzen. Unüberhörbar schiebt Bush
hier ein bedeutendes Stück Verantwortung an seinen neuen 
Oberkommandierenden im Irak ab.
"Sein Plan", also der Versuch, den Irak mit einer noch größeren 
US-Truppe unter Kontrolle zu bringen, ist in Wirklichkeit eine 
politische Entscheidung gewesen, die der Präsident gegen den Rat der 
überparteilichen Baker-Kommission getroffen hat. Er wird dafür auch 
selbst die Verantwortung tragen müssen, wenngleich er offensichtlich 
versucht, für den Fall der Fälle schon einmal Argumentationslinien 
vorzugeben: Militärs, die scheitern; eine irakische Regierung, die 
nicht hält, was sie verspricht; Terroristen, die den Irak gezielt 
destabilisieren; Parlamentarier in Washington, die zu früh aufgeben. 
Am Ende war es dann keine politische Fehlkalkulation, sondern halb 
"Dolchstoß", halb "Mission impossible".
Doch noch ist es nicht so weit. Gegen den wachsenden 
innenpolitischen Druck, die Soldaten abzuziehen, will Bush noch 
einmal Zeit gewinnen, wenigstens bis September. Es ist die 
verzweifelte Hoffnung auf ein Wunder, an das niemand mehr so recht 
glauben kann. Andererseits macht man es sich zu leicht, wenn man Bush
Starrsinn vorwirft und alles, was er sagt, als billige 
Durchhalteparole abtut. Denn mit den Warnungen vor den Folgen einer 
amerikanischen Niederlage im Irak hat er völlig Recht: Alles spricht 
dafür, dass der Irak nach dem amerikanischen Abzug einen 
eskalierenden Bürgerkrieg erlebt, womöglich ganz auseinanderfällt und
unter dem Einfluss des Iran, der Türkei und Saudi-Arabiens zum 
Schauplatz eines ausufernden Regionalkrieges wird. Mit diesem 
Horrorszenario übertreibt Bush nicht. Eine solche Katastrophe zu 
verhindern, ist im amerikanischen wie auch im internationalen 
Interesse und könnte manches Opfer rechtfertigen.
Iraks Zukunft nach der US-Mission mag düster sein, aber der 
gegenwärtige Krieg scheint immer sinnloser. Deshalb haben Bushs 
Warnungen kaum noch Wirkung. Die meisten Amerikaner haben verstanden,
dass der Truppenabzug keine Lösung für die Probleme im Irak ist und 
dass man einen schlimmen Krisenherd zurücklassen wird. Doch das ist 
ihnen zunehmend gleichgültig. Sie wollen nur noch, dass der Krieg mit
3600 amerikanischen Gefallenen, 26 000 Verwundeten und 500 Milliarden
Dollar Kosten endlich vorbei ist.

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