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WAZ: Metropolregion Das Ruhrgebiet ist auf gutem Weg - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Eine Region bläst zum Aufbruch. Wieder einmal,
könnten Kritikaster einwenden, versucht der Pott sein graues Image 
abzulegen, versucht sich dank seiner zentralen Lage und der schieren 
Größe seines Einzugsgebietes zur Metropole aufzuschwingen, wo doch 
trister Strukturwandel seinen Niederschlag in ebenso tristen 
Arbeitslosenstatistiken findet.
Wie falsch eine solche Fernsicht auf die Metropolregion ist, 
zeigt nicht nur der Zukunftskongress des Inititiativkreises 
Ruhrgebiet, das zeigen auch länger zurückliegende Zahlen des 
Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Zwischen 
den Jahren 2000 und 2004 ist das Ruhrgebiet mit durchschnittlich 0,9 
Prozent im Jahr stärker gewachsen als das Rheinland mit 0,7 und 
Westfalen mit 0,2 Prozent.
Es tut sich also was, auf niedrigem Niveau, klar, aber die 
Dynamik ist da. Und die gilt es zu nutzen. Dem Initiativkreis ist zu 
danken, dass er den Blick nicht nur für die ökonomischen Stärken 
schärft, sondern auch die Schwächen benennt. Mit der Altlast, die die
Struktur der Großbetriebe aus Kohle und Stahl an Ruhr, Emscher und 
Lippe seit dem 19. Jahrhundert hinterlassen hat, wird die 
Metropolregion noch lange zu kämpfen haben. Die Staus und das einer 
Metropole unwürdige Nahverkehrsnetz sprechen Bände. Ebenso der 
ausgedünnte Mittelstand, der Jahrzehnte lang nur als Mauerblümchen an
den Backsteinziegeln der Montan- und Kohleindustrie seine 
Existenzberechtigung hatte. Kohle und Stahl sind Vergangenheit, aber 
eine, die Selbstbewusstsein schafft: Hier und nirgendwo anders ist 
der Aufbau Deutschlands aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges ins 
Werk gesetzt worden. Die Geschichte bleibt, es bleibt auch die 
einmalige Integrationsfähigkeit dieses Menschenschlages an der Ruhr: 
eingedenk von Ernst Kuzorra selig.
Was wir noch brauchen: Eine mentale Klammer für das 
Selbstverständnis, weil Kohle und Stahl abhanden gekommen sind; ein 
Dach über die Kirchtürme von Dortmund und Essen, von Bochum und 
Gelsenkirchen bis Duisburg hinweg. Auch das wächst, den Willen zur 
Zusammenarbeit in der Regionalplanung oder bei Hochschulen 
vorausgesetzt. Die kulturelle Vielfalt ist da, die liebenswerten 
Stadtteil-Szenen ebenso, die Loveparade im Ruhrgebiet, in Essen, war 
ein voller Erfolg. Die Kreativen - ob Designer oder Musiker oder 
Kulturschaffende - siedeln in den Industriedenkmälern und schaffen 
Neues. Gewiss: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Aber den 
Frühling, und der ist besser als November.

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