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WAZ: Das Elterngeld wirkt - Die neue deutsche Vaterwelle - Leitartikel von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Es gab vor langer Zeit eine Fernsehwerbung. Im Bett
liegt ein Kind und schläft, im Hintergrund öffnet sich die Tür, eine 
besorgte Mutter schaut herein und sagt mit einem tiefen Seufzer: "Es 
wirkt." Wäre der Spot nicht alt und ginge es nicht um ein 
Erkältungsmittel, dann könnte man vermuten, das Familienministerium 
habe ihn jüngst erfunden. Denn das Filmchen wäre die beste 
Eigenwerbung für Ursula von der Leyens Elterngeld. Man müsste nur die
besorgte Mama durch einen ebenso besorgten Papa austauschen.
Immer mehr deutsche Väter nehmen sich für ihre Kinder eine 
Auszeit vom Job. Die meisten nur für zwei Monate, doch überraschend 
viele stellen sich der wirklichen Herausforderung wie ein Mann: Ein 
ganzes Jahr wickeln, füttern, kochen. Das ist eine gute Nachricht in 
Zeiten, in denen Vaterwerden immer weniger ein Thema ist. Noch vor 
nicht allzulanger Zeit drohte jeder vierte Mann in Deutschland damit,
kinderlos zu bleiben. Jeder dritte unter den 39-Jährigen ist es 
schon. Nun aber, Ursula von der Leyen sei dank, rollt die neue 
deutsche Vaterwelle durchs Land. Ist es wirklich so, dass das 
Eltern-Lockangebot von 67 Prozent des letzten Nettolohnes dazu führt,
dass man Väter mit ihren Kindern nicht nur morgens vor dem 
Kindergarten antrifft, sondern auch mittags auf dem Spielplatz?
Natürlich ist es vor allem, aber nicht nur, das Geld, das bei der
Gestaltung der Elternzeit mitentscheidet, wer ernährt und wer 
erzieht. Junge Familien rechnen mit jedem Euro. Aber tatsächlich 
lässt sich die stattliche Zahl der motivierten Väter auch damit 
erklären, dass das Elterngeld wohl just zu jenem Zeitpunkt kommt, an 
dem viel mehr Männer als früher willig sind, ein neues 
Selbstverständnis auch zu leben. Das Bild des typischen deutschen 
Mannes, der die Brötchen verdient und daheim mit der Zubereitung von 
Kartoffelpüree hoffnungslos überfordert wäre, ist albernes Klischee. 
Heute ist der Wunsch, Familie und Beruf zu vereinbaren, ganz sicher 
nicht mehr den Frauen vorbehalten.
Den wirklichen Wert des Elterngeldes werden wohl die Väter 
bemessen können, die es nicht mehr in Anspruch nehmen können, weil 
die Kinder zu groß sind. Viele dieser Väter würden gerne wissen wie 
es ist, dabeizusein, wenn die ersten Zähne kommen, das erste Wort. 
Die Chance haben, das eigene Kind mitzuerziehen. Den Luxus, mehr zu 
teilen als nur den Abend oder das Wochenende. Mehr zu fragen als: Wie
war dein Tag? Elternzeit, das ist Reifezeit:
 Väter, die nach einem Jahr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, 
werden anders sein. Richtige Väter eben.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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