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WAZ: Die Umweltzonen - Chance zur Erneuerung. Leitartikel von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Nein, die Lichter im Ruhrgebiet werden nicht
ausgehen, wenn ab Oktober Umweltzonen ausgewiesen werden. Und nein, 
mit Fahrverboten allein wird man das Problem des Staubs und der 
Abgase in den Städten nicht aus der Welt schaffen. Weder werden wir 
die Welt retten, noch regulieren wir uns zu Tode. Man muss und wird 
diese Umweltzonen nicht mögen. Nur: Es muss nun endlich Schluss sein 
mit dem untauglichen Versuch, Umweltschutz und wirtschaftliches 
Wohlergehen gegeneinander auszuspielen. Beides bedingt einander. Ohne
das eine ist das andere nicht möglich.
Vieles ist in diesem erbitterten Streit um eine Umweltzone 
verschütt gegangen. Etwa, dass es bei diesem Feinstaub-Thema um die 
Gesundheit der Menschen geht. Dieser Staub macht krank. Punkt. Man 
mag und man muss darüber streiten, welche Mittel wirksam, welche 
Verbote gerecht sind. Und natürlich ist die Empörung der Bürger 
nachzuvollziehen, die nun früher als geplant ihr betagtes Fahrzeug 
ersetzen müssen. Nur: Darf es sein, dass die Interessen Einzelner 
über dem Gemeinwohl stehen?
In diesem Streit um die Umweltzonen liegt eine große Chance für 
das Ruhrgebiet. Es ist die Chance zur Erneuerung. Warum regen sich 
alle über Fahrverbote auf, doch niemand über den Niedergang des 
Nahverkehrs? Warum nicht kreativ sein, weiter denken als bis zum 
nächsten Umweltzonen-Schild, wenn es darum geht, die Verkehrsströme 
der Millionen Menschen zu lenken? Als Region im Wandel versteht sich 
das Ruhrgebiet. Und es gibt sie, diese Erneuerung. Noch wird hier in 
alten Meilern aus Braunkohle Strom erzeugt. Doch die Kraftwerke der 
Zukunft, sauberer und effektiver, werden hier an Rhein und Ruhr 
erdacht.
Schluss also mit dem Jammern über den geschrumpften 
Flickenteppich der Umweltzonen. Natürlich ist es ein halbgarer 
Kompromiss, ein Vertagen von Problemen. Aber vielleicht machen diese 
ungeliebten Zonen es leichter, den so wichtigen Umbau der Innenstädte
und die Verbesserung des Nahverkehrs endlich anzugehen. Was ist 
eigentlich, wenn nicht die Autos, sondern die Menschen alt sind? Was 
ist, wenn künftig immer mehr Senioren in die Städte ziehen, weil dort
die Wege kurz sind? Was ist, wenn mehr Menschen mit knapper Rente auf
bezahlbare Wohnungen entlang großer Straßen angewiesen sind? Dann 
wird sich hoffentlich nicht rächen, dass ein Ballungsraum sich nicht 
durchringen konnte, seine Verkehrsprobleme zu lösen.

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