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WAZ: SPD-Verfahren gegen Clement - Die volle Wucht der Basis. Leitartikel von Achim Beer

Essen (ots)

Halten wir uns noch einmal kurz bei der Frage auf,
ob das Parteiausschlussverfahren gegen Wolfgang Clement nun ein 
politischer Vorgang ist oder ein juristischer. Am 30. August 2004 
trat das SPD-Mitglied Oskar Lafontaine bei der Montagsdemonstration 
in Leipzig auf und sprach vor 60 000 Zuhörern gegen die 
Hartz-Reformen der Rot-Grünen Bundesregierung. Noch in derselben 
Woche verlor die SPD die Landtagswahl im Saarland, und der 
Bundesvorstand der Partei gab Lafontaine eine Mitschuld an der 
Niederlage. Nehmen wir an, Lafontaines Verhalten damals wäre mit 
Recht "parteischädigend" zu nennen - warum beantragte dann niemand 
seinen Rauswurf? So war es Lafontaine, der im Mai des folgenden 
Jahres sein Parteibuch aus eigenen Stücken zurückgeben durfte.
Es fehlte offenbar im Herbst 2004 jener Unmut der Basis über das 
Verhalten eines Spitzenpolitikers, der jetzt Wolfgang Clement mit 
voller Wucht trifft. Mag auch das Schiedsgericht für sich 
beanspruchen, nur ein juristisches Verfahren abzuarbeiten und mögen 
sich hochmögende Parteivertreter hinter dieser Formel verstecken - 
der Bochumer Ortsverband, der das Verfahren mit Abstimmung und 
Beschluss in Gang brachte, handelte politisch.
Was aber macht Clement für die Genossen im Ortsverband zu einem 
größeren Schmutzbuckel als Oskar Lafontaine? Sein Egoismus - kann gar
nicht größer sein. Seine Arroganz - auch nicht. War sein Timing 
schlechter? Siehe oben. Bliebe also allein die politische 
Ausrichtung. Viele an der Parteibasis verstanden Lafontaine damals 
nur zu gut. Viele folgten ihm sogar später in die WASG/Linkspartei. 
Clement hingegen empfinden sie heute als Abweichler.
Natürlich stellt auch Wolfgang Clement selbst sich nun als Opfer 
eines politischen Vorgangs dar. Beklagt die neue Macht des linken 
Flügels und mangelnde Meinungsfreiheit in der Partei Willy Brandts. 
Ihm mag das nützen, nicht zuletzt deshalb, weil er im Januar 2008 
eigentlich ziemlich in der Versenkung verschwunden war und nun wieder
viel Aufmerksamkeit genießt. Doch für die SPD ist der Eindruck, dass 
hier eine Partei auf dem Weg nach Links interne Kritiker mundtot 
macht, eine Katastrophe. Die Wähler in der dringend benötigten 
"Mitte" des politischen Spektrums mögen so etwas nicht und werden das
auch zeigen.
Da mögen dann landauf, landab Sozialdemokraten beschwören, ein 
möglicher Ausschluss Clements habe keine politischen Ursachen. Von 
den politischen Folgen wird sie das nicht verschonen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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