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WAZ: Walter Kohls Erinnerungen - Der hohe Preis der Politprominenz - Leitartikel von Norbert Robers

Essen (ots)

Reden wir über Politiker. Über diejenigen also, die
einen Großteil unseres Lebens regeln, die uns Vorschriften machen, 
denen wir unsere Zukunft und die unserer Kinder anvertrauen, die 
unser aller Steuergeld verwalten, die uns in der Welt repräsentieren.
Politiker leben mehr oder weniger öffentlich - was die Überzeugung 
vieler Bürger nährt, Politiker zu kennen. Dabei ergibt sich, grob 
vereinfacht, in etwa folgendes Bild: durchaus verantwortungsbewusst, 
aber eben auch eitel, machtverliebt und oft unglaubwürdig. Aktuell 
verspüren nur noch sechs Prozent der Bundesbürger eine besondere 
Achtung vor Berufspolitikern. Nur Buchhändler sind noch unbeliebter.
Dafür muss man kein Mitleid empfinden. Für dieses miserable 
Ansehen hat die politische Klasse weitgehend selbst gesorgt. Wobei 
nicht verschwiegen werden sollte, dass es wie immer die wenigen 
schwarzen Schafe sind, die das Renommee der gesamten Kaste verhageln.
Zudem gilt: Jede Gesellschaft hat die Politiker, die sie verdient.
Nicht alle Politiker verdienen Hochachtung. Aber sie alle 
verdienen eines: Respekt. Das öffentliche und veröffentlichte Bild 
über Politiker ist alles andere als vollständig. Es ist mal schwarz, 
mal weiß. Ähnliche Regeln gelten im Sport, in der Wirtschaft. Umso 
bemerkenswerter sind die Kindheits-Erinnerungen von Walter Kohl, die 
der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl jetzt offenbart. Der 
45-Jährige berichtet von Hänseleien in der Schule, von Beleidigungen,
vom Spielen unter Polizeischutz, von schmerzhafter Isolation. 
Sechseinhalb von sieben Tagen war sein Vater seinerzeit außer Haus - 
für Walter Kohl war Helmut Kohl nur ein "Schattenvater".
Niemand verlangt, auch Walter Kohl nicht, Bedauern oder Mitleid. 
Aber in seinen Äußerungen klingt zu Recht der Wunsch an, diese 
Kehrseite des Politiker-Lebens zumindest nicht beiseite zu schieben 
und in das Gesamturteil über die politische Elite einfließen zu 
lassen.
Angela Erwin, die Tochter des jüngst verstorbenen Düsseldorfer 
Oberbürgermeisters Joachim Erwin, prägte in diesem Zusammenhang in 
ihrer Trauerrede einen bemerkenswerten Satz: "Wir haben meinen Vater 
an die Stadt verloren." Spitzen-Politiker, Spitzen-Manager: Sie alle 
wissen, worauf sie sich einlassen. Aber ihre Bereitschaft, diese 
spezielle Art von Verlust und Verzicht zu akzeptieren, geht allzu 
leicht in den Pauschalurteilen vieler Beobachter unter. Das hat 
niemand verdient.

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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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