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WAZ: Die SPD sucht ihren Kurs - Kein Comeback auf Knopfdruck - Leitartikel von Walter Bau

Essen (ots)

Eine Partei, die ernsthaft um Wähler kämpft, muss
Entschlossenheit demonstrieren. Und sie muss glaubhaft nachweisen, 
dass sie selbst vom eigenen Kurs und von der eigenen Stärke überzeugt
ist. Wenn Garrelt Duin, niedersächsischer SPD-Chef mit Sitz im 
Bundesvorstand, in diesen Tagen verkündet, die Sozialdemokraten 
hätten das Wahldebakel vom September "aufgearbeitet" und würden nun 
den Schalter umlegen, "und zwar auf Angriff", dann klingt dies 
allerdings weniger nach Selbstbewusstsein, als nach lautem Pfeifen im
dunklen Wald.
Wahr ist: Die SPD hat mit der Aufarbeitung ihrer Wahlpleite noch gar 
nicht richtig begonnen. Am Anfang stünde eine schonungslose Analyse. 
Die Partei muss einen dramatischen Bedeutungsverlust konstatieren, 
der schon lange vor dem Ende von Rot-Grün begann. Bezogen auf alle 
Wahlberechtigten (also nicht allein auf jene, die auch zur Wahl 
gingen), sank der SPD-Anteil schon zwischen den Bundestagswahlen 1972
und 1987 von 41,4 auf 30,9 Prozent. Mit einem Zwischenhoch Ende der 
90er Jahre, als Gerhard Schröder die Wähler in der Mitte für die SPD 
gewann, setzte sich dieser Trend fort. 2009 lag der SPD-Anteil, 
wieder gemessen an allen Wahlberechtigten, bei 16,1 Prozent. Für den 
Status einer Volkspartei reicht das längst nicht.
Eine derart dramatische Entwicklung lässt sich eben nicht per 
Knopfdruck umkehren. Die SPD muss sich die Zeit nehmen, intern ihren 
Kurs zu definieren. Klärungsbedarf gibt es reichlich: Die Agenda 2010
und der Afghanistan-Einsatz - beide sind umstritten, obwohl einst von
der SPD mitbeschlossen - stehen symptomatisch für die 
Orientierungslosigkeit der SPD. Ihre Position zur Linkspartei ist 
unscharf und sie hat bis heute keine Antwort auf die Frage gefunden, 
wie sie der Herausforderung dieser Konkurrenz im linken Lager 
begegnen will. Die SPD will die Gewerkschaften wieder stärker an sich
binden, ohne gleichzeitig die Wirtschaft zu vergraulen. Die Liste 
ließe sich fortsetzen. Der immer noch neue Parteivorsitzende Sigmar 
Gabriel muss erst noch beweisen, dass er diese Herkules-Aufgaben 
schultern kann.
Die SPD war immer dann stark, wenn sie die Mitte besetzte. Das galt 
für die Amtszeiten der Kanzler Schmidt und Schröder und ja, auch für 
Willy Brandt, der Anfang der 70er Jahre viele enttäuschte CDU-Wähler 
ins SPD-Lager zog. Derzeit scheint es so, als wollten es viele 
Sozialdemokraten auf einen Überbietungswettkampf mit der Linkspartei 
ankommen lassen. Hierbei könnte die SPD nur verlieren. Denn die Linke
setzt auf Total-Opposition und kann sich deshalb jeden Populismus 
leisten. Die SPD aber will zurück an die Macht. Den richtigen Kurs 
dafür muss sie erst noch finden.

Pressekontakt:

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Telefon: 0201 / 804-6528
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