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WAZ: Nach dem schweren Erdbeben - Marshallplan für Haiti. Kommentar von Klaus Ehringfeld
Essen (ots)
Das Erdbeben hat Haiti um 100 Jahre zurückgeworfen. Aus einem scheiternden Staat wurde ein untergehender Staat. Und wenn die internationale Gemeinschaft nicht massiv handelt, sterben die neun Millionen Haitianer einfach in den Trümmern ihres Landes oder werden zu Hunderttausenden versuchen, zu Angehörigen nach Miami, New York oder Paris zu gelangen.
Haiti braucht einen Marshallplan, ein Wiederaufbauprogramm historischer Dimensionen, wie es die USA nach dem Zweiten Weltkrieg Europa verordnet hatten. Die Inselrepublik braucht Geld, Kredite, Infrastrukturhilfe, Beratung. Wer dieser Tage durch das Elend und die kriegsähnliche Zerstörung der Hauptstadt Port-au-Prince fährt, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Stadt und damit das ganze Land von Grund auf neu erfunden werden müssen. Selbst in diesen knappen Zeiten scheint Geld dafür da. Europa gibt 420 Millionen Euro, die USA stellen 100 Millionen Dollar bereit. Und die Menschen in aller Welt spenden Hunderte Millionen Euro. Der Irak-Krieg kostet im Monat über zehn Milliarden Dollar. Wenn die Welt nur ein Jahr lang dieses Geld für Haiti bereitstellen würde, könnte die Lage in dem Land nachhaltig verbessert werden.
Wirtschaftliche Aktivität gibt es faktisch nicht. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei rund 600 Dollar. Es gibt kaum befestigte Straßen und nur sporadisch Strom, keine Strukturen. Ohne die Hilfe der internationalen Gemeinschaft und den 1,3 Milliarden Dollar, die Auslands-Haitianer überweisen, stürben Hunderttausende den Hungertod. Die internationale Gemeinschaft, vor allem die USA, kam, wenn es brannte. Man löschte die Flammen, aber nicht die Glut und zog wieder ab oder wurde vertrieben. Haitianische Politiker, die immer die Souveränität der kleinen Inselrepublik verteidigt haben, sagen heute: "Wir schaffen das nicht allein." Das lange verbotene Wort des Protektorats wird heute immer öfter als die einzig mögliche Lösung erwogen. Haiti braucht Paten, die sich seiner annehmen. Die USA, Europa, die UNO und immer mehr auch Staaten wie Brasilien und Chile werden zusammenarbeiten und helfen müssen, bis sich die Haitianer hoffentlich eines Tages selber helfen können.
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