Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Das Rest-Risiko ist jetzt überall. Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Inzwischen ist es klar: In Deutschland gibt es eine neue Zeitrechnung, die Vor-Fukushima- und die Nach-Fukushima-Zeit. Nirgendwo sonst auf der Welt hat die Katastrophe derlei Hysterie ausgelöst wie bei uns. Die CDU löst einen Werte-Kern nach dem anderen auf, die FDP bringt sich gleich selbst um. Panik-Politik pur.

Es ist schon seltsam. Ausgerechnet diese Bundesrepublik, die derart besonnen und gut durch die Finanzkrise gekommen ist, liefert ein solches Schauspiel ab. "Nichts wird sein, wie es war." So sprach Peer Steinbrück auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise. Und man muss rückblickend dankbar sein, dass es eine Große Koalition war, die damals am Ruder war. Nicht auszudenken, wie der amtierende Hühnerhaufen die Finanzkrise gemanagt hätte: Sofortabschaltung aller Börsen.

Sei's drum. So ist die Lage. Was heißt das für die Nach-Fukushima-Zeit? Was heißt es, wenn plötzlich sogar die FDP in einer Hundertachtziggradwende ein aus ihrer Sicht bisher kalkulierbares Risiko binnen Tagesfrist als nicht mehr tragbar empfindet? Was heißt es, wenn der Umweltminister Röttgen Sicherheit und Risiko als gesellschaftliche Werte, nicht als mathematische Größe versteht?

Auch wenn es die schwarz-gelbe Koalition war, die einen gesellschaftlichen Konsens in der Laufzeitfrage aufgekündigt hat - es ist nicht ehrenrührig, noch mal neu zu denken. Nein, die Zäsur liegt im Sofortabschalten begründet. Das Blankziehen, ohne Diskussion, ohne Rechtsgrundlage frei nach dem Notstandsmotto "Huch, da ist ein Restrisiko", werden die Republik verändern.

Völlig naiv wäre es zu glauben, diese Debatte bliebe auf die Nutzung der Atomenergie beschränkt. Restrisiko ist ab jetzt überall - auch dank der liberalen Volte. Ob Bayer-Pipeline oder Kohlekraftwerk oder welches industrielle Großprojekt auch immer. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat die Nase im Wind: Stoppt die "Risikotechnologie" Kohle, forderte der BUND gestern. Folgerichtig. Wenn man aber als Politik der gesellschaftlichen Stimmung die Hoheit überlässt, dann bitte schön nicht ohne das Restrisiko zu benennen. Schwarz-Gelb hat Vertrauen verspielt, das die Industrie - selbst verschuldet - schon lange nicht mehr hat.

Fazit: Der Trend heißt Biedermeier-Idyll, das Risiko Wohlstandsverlust.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 30.03.2011 – 19:03

    WAZ: Hilfe für Teheran ist nicht harmlos. Kommentar von Dietmar Seher

    Essen (ots) - Als der Bundesfinanzminister die Zollbilanz vorstellte, redete er über Drogen, Schwarzarbeit, Produktpiraten. Er verschwieg: Fahnder ermitteln in mehr als 30 Fällen, ob und wie deutsche Lieferanten der nuklearen Aufrüstung Irans zuarbeiten. Das Thema ist der Politik peinlich. Es führt zu diplomatischem Ärger. Doch: Ist es deshalb tabu? Wir alle ...

  • 30.03.2011 – 18:26

    WAZ: Porsche-Betriebsrat gegen Tempolimit

    Essen (ots) - Uwe Hück, Betriebsratsvorsitzende von Porsche in Stuttgart, hat sich gegen die Einführung eines Tempolimits durch den designierten Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), gewandt. "Das Land hat andere Probleme", sagte Hück den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). SPD-Mitglied Hück weiter: "Die Mehrheit ist nicht für ein Tempolimit. In der Frage ...

  • 30.03.2011 – 18:23

    WAZ: Karstadt testet Leistungslöhne in den Filialen

    Essen (ots) - Die Warenhauskette Karstadt will ihre Mitarbeiter in den Filialen stärker nach Leistung bezahlen. Wie die Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe (Donnerstagausgabe) berichten, läuft nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi seit dem vergangenen November in 48 Häusern eine Testphase, die im April enden soll. Danach seien Gespräche zwischen Firmenleitung und Arbeitnehmervertretern geplant. "Die ...