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WAZ: Die Datenspione - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

In der Diskussion um das Abhören folgt auf die Maßlosigkeit der Aktion eine Maßlosigkeit der Reaktion. Was ist passiert? Die britische Regierung hat sich eine unvorstellbar hohe Zahl von Daten besorgt, auf Terror hin ausgewertet und der US-Regierung erlaubt, diese Daten ebenfalls auszuwerten. Die Daten entstammen den dicken Kabeln unter dem Atlantik. Durch diese laufen Telefongespräche, E-Mails, der Web-Verkehr samt Facebook-Einträgen. Auch Ihre und meine. Man mag das angenehm finden, weil eine Regierung sich bemüht, ihre Bürger vor Terror zu beschützen, oder unangenehm, weil diese Regierung die Bürger daheim und im befreundeten oder weniger befreundeten Ausland vorher nicht gefragt hat. Aber was hat das bitte mit dem inzwischen in der Datendebatte reichlich oft bemühten George Orwell zu tun und seinem "Überwachungsstaat", den jetzt auch wieder der SPD-Innenpolitiker Thomas Oppermann zitierte? George Orwells 1948 fertig gestellter Roman "1984" war eine literarische Verarbeitung des Totalitarismus Hitlerscher und Stalinscher Prägung. Was hat Orwells "Großer Bruder" mit David Cameron, Barack Obama und Angela Merkel zu tun? Weniger als nichts. Der Orwell-Vergleich ist entweder unliterarisch, unhistorisch oder böswillig. Mindestens ist er platt. Die britische, die amerikanische und, über den Auslandsnachrichtendienst BND, auch die deutsche Regierung, tun methodisch nichts anderes als die US-Suchmaschine Google. Sie filtern aus einem Datenwust Informationen. Früher haben die Dienste Telefone abgehört (was sie auch heute noch tun) oder Informanten bezahlt. Ganz früher haben Spione über Dampf Briefe geöffnet. Heute befassen sie sich mit Daten. Sie haben sich, wie viele andere Menschen auch, auf den Weg gemacht in eine digitale Zukunft. Weil ihr Gewerbe das Licht scheut, gibt es immer dann Ärger, wenn die eine oder andere Spionage unfreiwillig das Schattenreich verlässt. Es ist dann oft genug inszenierter Ärger, weil, auf unterschiedliche Weise, jede Regierung an dem großen Spiel beteiligt ist und auch die SPD, käme sie an die Regierung, es ganz sicher auch nicht anders halten würde.

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