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WAZ: Wenn Leistung bestraft wird. Kommentar von Frank Stenglein
Essen (ots)
Wenn die umgangssprachliche "kommunale Familie" wirklich eine wäre, dann wäre Essen derzeit der Halbstarke mit der großen Klappe, der aber seine Hausaufgaben vernachlässigt und dem die anderen übermäßig helfen müssen. Schön ist so eine Rolle nicht. Deshalb ist es kein Wunder, dass die lokalen politischen Akteure mit Ausnahme der SPD eher peinlich berührt sind über den 90-Millionen-Euro-Segen, den die Umverteilungspolitik der Landesregierung Essen beschert. Denn dieses Geld gibt es nur, weil man es vorher anderen weggenommen hat. Das ist zwar oft so beim Umverteilen, aber meistens sind die Wege verschlungener und nicht so klar sichtbar wie hier. Alle Ruhrstädte haben Probleme, die nur zum Teil selbstverschuldet sind. Insofern ist es richtig, dass das Land Ausgleichsmechanismen hat, um die Kluft zwischen reichen und ärmeren Kommunen nicht ausufern zu lassen. Etwas ganz anderes ist es aber, jene Städte offen zu bestrafen, die aus eigenem Antrieb besser gewirtschaftet und sich für ansiedlungswillige Unternehmen interessant gemacht haben. Das kleine Monheim hat einen tatkräftigen, ökonomisch denkenden Bürgermeister und soll nun dafür bluten, dass im Ruhrgebiet die Mühlen langsamer mahlen. Gerecht? Düsseldorf - auch eine Geberstadt - hat seine RWE-Aktien rechtzeitig verkauft und so den städtischen Haushalt saniert, während Essen die heute deutlich im Wert gefallenen Papiere meinte horten zu müssen. Gerecht? Solidarität ist eine schöne Sache, sie darf aber nicht dazu führen, das Leistungsprinzip zu schwächen. Genau dieses fatale Signal setzt die Landesregierung, wenn sie kaltschnäuzig die Früchte guter Kommunalpolitik abgreift und sie denen gibt, die reichlich Luft nach oben haben. Mit der Rolle des Bedürftigen Nummer 1 wird aber auch Essen nicht glücklich. Nachhaltig stark ist eine Stadt nur, wenn sie ein positives Bild von sich hat, wenn sie ihre ureigenen Probleme selbst löst, wenn es eigene Leistungen gibt, die man vorzeigen und auf die man stolz sein kann. "Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, wenn Ihr die Starken schwächt", hat der große US-Präsident Abraham Lincoln mal gesagt. Das gilt für Menschen, das gilt durchaus auch für Städte.
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