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WAZ: Verstehen muss man das nicht - Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Versicherungsschutz für alle, keine
Leistungskürzungen, Gesundheitsprämie bleibt Modell der CDU, 
Führungsstärke der Bundeskanzlerin und so weiter: Am Tag der 
"revolutionären Neuregelung" (Peter Struck), also drei Monate nach 
dem "wirklichen Durchbruch" (Angela Merkel), müssen Bürger überhaupt 
nicht mehr verstehen, was die Koalition an Erklärungen verbricht.
Allerdings hätte die Kanzlerin die Angelegenheit in groben Zügen 
erhellen können. Ungefähr so: Wir können uns nicht einigen, weil es 
weniger um die Reform geht als vielmehr um den Seelenfrieden der 
Koalitionsparteien, die Selbstrettung dieser Regierung sowie um die 
Landtagswahlen in Bayern und drei CDU-geführten Ländern im Jahr 2008.
Deshalb verschieben wir den wichtigen Gesundheitsfonds, der uns 
inzwischen gar nicht mehr so wichtig vorkommt, auf das Jahr 2009. 
Dann ist Bundestagswahlkampf. Dann tritt die SPD mit einer Art 
Bürgerversicherung an, die CDU mit meiner Gesundheitsprämie, und die 
CSU muss sich etwas einfallen lassen. Und ihr Bürger dürft bloß nicht
wieder eine große Koalition zusammenwählen. Hätte Merkel sagen 
können, und hoffen: Aber so blöd werdet ihr nicht sein.
Dieser Hintergedanke könnte mehr Tragfähigkeit entfalten als die 
Veränderungen im Gesundheitswesen, denn mittlerweile haben Wähler 
womöglich mehr Angst vor der schmerzhaften Darbietung dieser 
Reformkoalition als vor Reformen selbst. Irgendwann werden sie das 
Staatstheater voll-ends leid sein, in dem immer unklarer wird, ob 
Edmund Stoiber nicht doch unbemerkt Bundeskanzler geworden ist.
Alle vernünftigen Ansätze, die der Arbeit von Monaten durchaus 
innewohnen, gehen im Machtgeschacher zwischen Union, SPD und 
Ministerpräsidenten unter. Die Koalitionäre hätten längst bewusst 
argumentieren müssen, dass der Gesundheitsfonds beide Modelle 
ermöglicht, Kopfpauschale und Bürgerversicherung, und hätten ihr 
Scheitern am gemeinsam geplanten Systemwechsel zugeben sollen. Damit 
hätten sie zwar ihr zentrales Versprechen öffentlich gebrochen, dass 
nämlich die Reformen dieser Regierung Bürgern langfristige Sicherheit
bieten sollten. Aber das Eingeständnis wäre wenigstens ehrlich 
gewesen.
Und nun? Edmund Stoiber, der zuhause in ein Umfragetief gefallen 
ist, droht mit Prüfung des von ihm selbst Beschlossenen, und die 
Koalition droht mit den Reformen der Unternehmenssteuern und der 
Pflegeversicherung. Sicher ist nur, dass die Krankenkassenbeiträge 
steigen.

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Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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