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WAZ: Zypern-Gespräch gescheitert: Ein sperriger EU-Kandidat - Kommentar von Rolf Potthoff

Essen (ots)

Es gibt Gründe, der Türkei den Weg nach Europa zu
ebnen. Die Glaubwürdigkeit beispielsweise. Lange Jahre wurde in 
Ankara der Eindruck erweckt, es sei bei entsprechenden Reformen nur 
eine Frage der Zeit. Zweitens die Bündnisfrage. Auf einen Partner in 
einer solchen geostrategischen Lage kann der Westen nicht verzichten.
Drittens die Sicherheitslage. Zeigte der Westen der Türkei die kalte 
Schulter, könnte dies den Einfluss religiös-fundamentalistischer 
Kräfte stärken und das Gegenteil dessen, was gewollt ist, wäre damit 
erreicht.
Doch ist die Türkei noch interessiert? Erneut sind die 
Zypern-Gespräche gescheitert. Ankara hält seine Häfen für Ware aus 
dem griechisch-zyprischen Süden versperrt, obwohl die Republik Zypern
Mitglied der EU ist und EU und Türkei klare Handelsvereinbarungen 
unterhalten. Regierungschef Erdogan leistete dem türkischen 
Beitrittsstreben einen Bärendienst, wenn er, um Nationalisten zu 
gefallen, innenpolitische Motive über die europäische Perspektive 
stellt.
Ohnehin ist die türkische Europa-Begeisterung verblasst. Die 
Mehrheit der überzeugten Beitrittsbefürworter ist zur Minderheit 
verkümmert. Womöglich drückt sich in der verbreiteten 
Anti-Europa-Stimmung nicht zuletzt die Folge des bemerkenswerten 
Wachstums aus: Dass man die EU als Motor der Wirtschaft nicht mehr 
braucht.
Überdies weckt Ankaras Umgang mit dem Papst-Besuch manche 
Zweifel. Buchstäblich in letzter Minute stimmte Erdogan einer 
Begegnung mit Benedikt XVI. zu. Die "Verhinderung" aus Termingründen 
wirkte verletzend. Das Kirchenoberhaupt hat die Fehl-Interpretation 
seines Zitates zu Islam und Gewalt mehrfach bedauert. Und ein 
Staatsmann, zumal einer, der sich nach Westen orientieren will, hat 
die Geste ebenfalls entgegenkommend zu respektieren.
Solcher Umgang weckt Zweifel am Willen zum "Dialog der Kulturen".
Europa sei kein Christenclub, sondern ein Grundwerteclub, sagt 
Kanzlerin Merkel. Aber zu den Grundwerten gehört es, Religionen 
anzuerkennen, ihre Freiheit zu gewähren. Doch trotz aller Reformen 
ist eine wahre Religionsfreiheit für Christen in der Türkei nicht 
erreicht. Es gibt Behinderungen im Alltag, bei der Priesterausbildung
und noch haben Christen-Gemeinschaften nicht volle Rechte, um Kirchen
zu bauen.
Natürlich wäre es falsch, den Beitrittsprozess zu blockieren. Das
spielte türkischen Nationalisten in die Hände. Doch es liegt am 
offiziellen Ankara, mit einem überzeugenden Kurs Europa-Willen zu 
bekunden.

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