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WAZ: Love Parade ins Ruhrgebiet: Überraschen wir den Rest der Republik - Leitartikel von Wilhelm Klümper
Essen (ots)
Wir können Fußball. Wir können Multi-Kulti. Wir können Wissenschaft. Wir können Maloche. Wir können Kulturhauptstadt 2010. Wir können sehr hässlich und anheimelnd schön. Wir können schnoddrig-herzlich, meistens sehr direkt. Wer das alles mitbringt, könnte auch locker Love Parade.
Die schrille Techno-Party, die seit 1989 stets in Berlin gestiegen ist, sucht eine neue Heimat. Nach Querelen mit der Hauptstadt-Verwaltung um Kosten und Gebühren haben die Love-Parade-Macher die Faxen dicke und schauen sich woanders um. Mit Verlaub: Der natürliche Love-Parade-Nachfolge-Platz ist allein das Ruhrgebiet.
Denn bevor die Raver - so nennen sich die Liebhaber der kompromisslos treibenden, wummernden Techno-Musik - zum Feiern auf die Straße gingen, haben sie sich in ihren Anfängen Ende der 80er Jahre in leer stehenden Lagerhallen und Fabriken englischer Industriestädte wie Manchester, Liverpool und Sheffield getroffen. Nix mit schöner, glatter Diskowelt. Die Technomusik, die wie ein Dampfhammer daherkommt, liebt das Laute, Spröde. Davon haben wir im Ruhrgebiet reichlich, wenngleich uns die Love-Parade-Attribute schrill, schräg und sexy ein wenig abgehen. Mit dem Import der Love Parade hätte das Ruhrgebiet die Chance, sich als pulsierende, offene, flippige Region zu präsentieren. Da muss nicht viel erklärt und debattiert werden über die Vorzüge des Reviers. Die ins Land gesendeten Bilder und Sounds einer Love Parade sind allein genug Ausdruck praller Lebensbejahung.
Die Region, deren politische Repräsentanten gerne von einer "Metropole Ruhr" sprechen, könnte mal zeigen, was hier gemeinsam möglich ist. Die Love Parade in Dortmund, Bochum, Essen oder Duisburg auf den Weg zu bringen, ist dabei eine Nummer zu klein. Warum für dieses Event, das in Berlin stets mehr als eine Million Feiertrunkene in die Stadt spülte, nicht die A 40 sperren? Im Westen könnten 600 000 Raver aus Duisburg und im Osten 600 000 aus Dortmund starten, um in Essen die ultimative Partyzusammenführung zu feiern.
Geht nicht? Gilt nicht! Wer in der Vergangenheit für einige tausend wütend-streikende Berg- und Stahlarbeiter mitten in der Woche Autobahnen sperren lassen konnte, wird das auch für ein Millionenpublikum im Love & Beat-Rausch schaffen. Keine Angst vor der eigenen Courage. Warum sollten wir nicht so selbstbewusst und stark sein, etwas zu machen, das uns so schnell niemand zutraut? Überraschen wir doch einfach den Rest der Republik.
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