Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Von Klaus Naeve, Leiter Stiftungsberatung bei der Privatbank Berenberg
Hamburg (ots)
In unserer Beratungspraxis begegnet uns häufig die Frage, ob eine Stiftung zu Lebzeiten oder von Todes wegen errichtet werden soll. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Doch es gibt auch eine interessante dritte Alternative.
Die Stiftungserrichtung zu Lebzeiten
Bei der Stiftungserrichtung zu Lebzeiten kann sich der Stifter aktiv in die Stiftungsarbeit einbringen und die Stiftungskultur mitprägen. Erweist sich die Stiftungssatzung als nicht praxistauglich, kann er nachbessern. Insbesondere kann er die zukünftig mit der Stiftungsleitung und -verwaltung betrauten Personen und Institutionen begleiten, sich ein detailliertes Bild von ihren Fähigkeiten machen und ihnen auch jenseits des Wortlautes der Satzung verdeutlichen, welche persönlichen Ziele und Werte er mit der Stiftung verwirklicht wissen will.
Eine möglichst frühzeitige Stiftungserrichtung bewirkt zudem, dass sich das Risiko einer späteren Belastung der Stiftung mit Pflichtteilsergänzungsansprüchen reduziert. Nach der jüngsten Reform des Pflichtteilsrechts ist eine Stiftung in den ersten zehn Jahren nach lebzeitigen Dotationen nicht mehr den vollständigen Pflichtteilsergänzungsansprüchen ausgesetzt; sie schmelzen in Raten ab.
Die Stiftungserrichtung von Todes wegen
Eine Stiftung kann grundsätzlich auch durch Testament oder ggf. durch Erbvertrag errichtet werden; die spätere Anerkennung der Stiftung wirkt auf den Todestag zurück (§ 84 BGB). Der wichtigste Vorteil einer Stiftungserrichtung von Todes wegen: der Stifter muss sich von dem für die Dotierung vorgesehenen Vermögen nicht bereits zu Lebzeiten trennen. Demgegenüber stehen aber auch einige Nachteile. Diese ergeben sich insbesondere daraus, dass der Stifter im Rahmen des Anerkennungsverfahrens nicht mehr zur Verfügung steht, um der Stiftungsaufsichtsbehörde gegenüber seine Interessen zu vertreten. Steht kein ausreichend bevollmächtigter Testamentsvollstrecker zur Verfügung, obliegt der Behörde sodann die Auslegung des Stifterwillens, um notwendige Satzungsänderungen vorzunehmen. Es ist nicht immer gewährleistet, dass die Behörde über die für ihre Entscheidung erforderlichen Informationen verfügt bzw. diese überhaupt ermittelbar sind. Die in der Praxis häufig vorkommenden Mängel, wie etwa unzulängliche Angaben zum Stiftungszweck, zur Vermögenszuwendung, dem Sitz und der Rechtsform der Stiftung, den Organen und deren Bestellung, können die staatliche Anerkennung zumindest in Frage stellen; schlimmstenfalls kann die Stiftungserrichtung insgesamt scheitern.
Zwar kann sich der Stifter bereits zu Lebzeiten von der Stiftungsaufsichtsbehörde gemäß § 38 VwVfG zusichern lassen, dass die von ihm geplante Stiftung anerkannt wird - die Behörde ist an diese Zusicherung allerdings nicht gebunden, soweit sich seitdem die Sach- oder Rechtslage geändert hat.
Auch Änderungen der Stiftungssatzung, die nicht notwendig, aber - beispielsweise aus Gründen der durchaus häufig vorkommenden Änderungen des Steuerrechts - zweckmäßig sind, können vom Stifter nicht mehr mit der Finanzbehörde abgestimmt und umgesetzt werden.
Das Kombinationsmodell
Eine in der Stiftungspraxis vielfach gewählte Kompromisslösung besteht darin, die Stiftung zu Lebzeiten mit einer zunächst kleineren Dotierung zu gründen (sog. Anstiftung) und die Stiftung als Erbin oder Vermächtnisnehmerin einzusetzen, so dass sie den Differenzbetrag zum endgültigen Stiftungsvermögen von Todes wegen erhält (Zustiftung). Dieses sog. Kombinationsmodell erlaubt es, lebzeitig die Stiftungsarbeit zu erfahren und zu gestalten, ohne - möglicherweise zu früh - auf wesentliche Vermögensbestandteile zu verzichten. Bei diesem Vorgehen sind also die Nachteile der reinen Stiftungserrichtung von Todes wegen ausgeschlossen. Hinzu kommt der Vorteil, dass das Stiftervermögen zu Lebzeiten des Stifters geschont wird, so dass er weiterhin frei darüber disponieren kann.
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