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Können Maschinen intelligent sein?
Nein - lautet die Antwort von Fachleuten
Maschinen erledigen das, was man ihnen manuell oder digital befohlen hat
Aber sensibel können sie sein
Magdeburg (ots)
Sensoren verleihen einer Maschine zwar keine Flügel, aber Gefühl. Um zum Beispiel nur soviel Kraft vom Werkzeug auf das Werkstück zu übertragen, dass eine perfekt funktionierende Oberfläche eines Automobilbauteils entsteht. Diese Innovationen sind möglich. Wie es noch besser gehen kann, diskutierten Wissenschaftler und Unternehmer beim Innovationsforum "Sensitive Fertigungstechnik" in Magdeburg.
Maschinen mit Sensor gesteuertem Gefühl werden so vielfältig gebraucht, dass es auf den ersten Blick fast überrascht. Man braucht sie bei der Herstellung von Kolbenstangen im Pkw genauso wie bei der Produktion von künstlichen Gelenken. Ihr Einsatz ist besonders gefordert beim Reibschweißen und beim Finishen. Wobei diese beiden Verfahren nicht Science Fiction, sondern Stand der Technik von heute sind.
Beim Reibschweißen werden das Werkzeug und das Werkstück relativ zueinander bewegt, wobei sich die Teile an den Kontaktflächen berühren. Durch die entstehende Reibung kommt es zur Erwärmung und Plastifizierung des Materials. Am Ende des Reibvorganges ist es von entscheidender Bedeutung, die Teile richtig zueinander zu positionieren und einen hohen Druck auszuüben. Die Vorteile dieses Verfahrens sind, dass die so genannte Wärmeeinflusszone deutlich kleiner ist als bei anderen Schweißverfahren und es nicht zur Bildung von Schmelze in der Fügezone kommt. Es können eine Vielzahl von Werkstoffen miteinander verschweißt werden, beispielsweise Aluminium mit Stahl, Aluminium mit Kupfer, Messing mit Aluminium oder auch Aluminium mit Keramik. Auch die Verbindung von metallischen Werkstoffen, die keine Legierungen miteinander eingehen, ist vielfach möglich.
Dr. Hans-Joachim Clobes, Geschäftsführer des RKW Sachsen-Anhalt, unterstrich die Kompetenz der Magdeburger Region in der Fertigungstechnik: "Maschinen und Anlagen zu bauen, die präzise und sensibel ihre Arbeit erledigen, war und ist Maßstab für die Ingenieure und Unternehmer in und um Magdeburg."
Den letzten Schliff bekommt ein Werkstück beim Finishen. Dabei werden Grate entfernt, Kanten rund gemacht, die Oberfläche so geschliffen, geglättet und poliert, dass sie ihre künftige Funktion optimal erfüllen können. Und dabei Rauigkeiten der Oberfläche erzeugt, die nur noch im Bereich von unter einem Mikrometer messbar sind.
"Der Mensch als Bediener an der Maschine ist bei diesen geforderten Genauigkeiten überfordert.", war sich Professor Harald Goldau von der Hochschule Magdeburg-Stendal beim Innovationsforum sicher. Bereits seit mehreren Jahren habe sich aufgrund dieser Einschätzung eine Kooperation zwischen seiner Hochschule und Unternehmen in der Magdeburger Region ergeben, bei der aus wichtigen Forschungsarbeiten heraus tatsächlich neue Maschinen beispielsweise zum Präzisionsreibschweißen entstanden sind. Damit verbunden war der Qualitätssprung vom Millimeter- in den Mikrometerbereich. Eine neuartige Mess- und Regeltechnik ermöglicht die Parameter genaue Einstellung zum Beispiel der erforderlichen Krafteinwirkung vom Werkzeug auf das Werkstück beim Reibschweißen. Ihren ersten Einsatz wird eine entsprechende Maschine der H & B-Omega Europa GmbH Osterweddingen im neuen Institut für Kompetenz in AutoMobilität (IKAM) in Magdeburg finden.
Zukunftsbestimmend wird auch die Technologie des Finishens, als Weiterentwicklung des Drehens und Schleifens, sein: "Nur mit diesen innovativen Verfahren zur Endbearbeitung von Oberflächen können wir eine Präzision liefern, wie sie für extrem beanspruchte künstliche Gelenke oder auch für Rollen in Windkraftanlagen unbedingt gebraucht werden.", unterstrich Professor Goldau. Dadurch könne sich künftig die Nutzungsdauer deutlich erhöhen und die Bearbeitungszeit im Herstellungsprozess signifikant um bis zu 90 Prozent verringern.
Informative Akzente setzten die Fachreferenten an beiden Tagen des Innovationsforums. Im Schwerpunkt ging es in insgesamt vier Blöcken um den aktuellen internationalen Stand der sensitiven Fertigungstechnik, Best-Practice-Beispiele aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie um aktuelle Informationen zu den Verfahren Reibschweißen und Finishen.
Wie herausfordernd das Zusammenfügen von Stahl und Aluminium im modernen Automobilbau ist, darüber berichtete Professor Sven Jüttner von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Und wie sich menschliche Intelligenz und maschinelle Sensorik künftig neu ergänzen müssen, war das Thema von Professor Frank Barthelmä vom GFE Schmalkalden e.V.
Was schon heute in der Produktion mit sensitiver Fertigungstechnik geht, darüber gab Michael Müller von der Thielenhaus Technologies GmbH Wuppertal ein eindrucksvolles Bild. Dort produzierte Adapterplatten für die Automobilzulieferer brauchen einen Produktionsprozess, der jederzeit Transparenz, Verfügbarkeit und Rückverfolgung garantiert. Mit modernsten Mikrofinishmaschinen, in denen online gesteuerte Kraftsensoren die Mikrometer genaue Endbearbeitung garantieren, wird alle sechs Sekunden ein Teil fertiggestellt.
Dr. Jorge dos Santos vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht, untersucht, wie im Flugzeug- sowie im Schiffsbau künftig innovative Verfahren wie das Reibschweißen als Hybridtechnologien stärker zum Einsatz kommen können.
Eine erste Zusammenfassung des Forums könnte lauten: Die Möglichkeit, Werkstoffkombinationen mit sehr unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften zu fügen, eröffnet völlig neue Reibschweißverbindungen unter Serienbedingungen. Im Mittelpunkt stehen neue Impulse für den Leichtbau, verbesserte Schweißbarkeit kritischer Werkstoffe und das Fügen von fertig bearbeiteten Bauteilen mit hoher Präzision. Das Institut für Maschinenbau der Hochschule Magdeburg-Stendal, ausgestattet mit hochmodernen Werkzeugmaschinen, verfügt über eine Kernkompetenz im Bereich innovativer Technologieentwicklungen für verschiedene Finishlösungen für die Industrie. Also beste wissenschaftliche Kompetenz für wissenshungrige Unternehmer.
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