Treibhausgas-Emissionen kompensieren: Qualitätskriterien für Zertifikate
Ein Dokument
Pressemitteilung
Freiburg/Berlin, 25. Mai 2022
Treibhausgas-Emissionen kompensieren: Qualitätskriterien für Zertifikate
„Die Frage, was ein gutes Zertifikat zur Kompensation von Treibhausgasemissionen ist, ist kompliziert. Da gibt es eine ganze Palette von Kriterien, die erfüllt werden sollten“, sagt Dr. Lambert Schneider im Podcast „Wenden bitte! Der Podcast zu Wissenschaft und nachhaltigen Transformationen“ des Öko-Instituts. Dazu gehört etwa, dass wirklich zusätzlicher Klimaschutz angestoßen wird, dass die Emissionen dauerhaft vermieden und hohe Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.
Treibhausgase zu kompensieren heißt, dass man über Zertifikate in Klimaschutzprojekte investiert, die außerhalb des Landes oder des Unternehmens stattfinden. In den letzten Jahren ist der Markt für Kompensationszertifikate stark gewachsen. Die Qualität der angebotenen Zertifikate ist allerdings sehr unterschiedlich.
In dem Podcast informiert Lambert Schneider, worauf es ankommt, damit ein Kompensationszertifikat wirklich fürs Klima wirksam ist. Er forscht schon seit 20 Jahren zur Qualität von Zertifikaten, mit denen Unternehmen und Privatpersonen ihre Treibhausgase ausgleichen und gehört zum Verhandlungsteam der EU bei den jährlichen Klimaverhandlungen (COP).
Kriterien, die die Klimawirksamkeit bestimmen
Bei der Qualität von Kompensationszertifikaten muss alles stimmen, damit es ein wirklich gutes Zertifikat ist. Schneider verwendet dafür das Bild einer Badewanne: „Wenn diese auch nur an einer kleinen Stelle ein Loch hat, läuft das gesamte Wasser aus.“
Fragen, die Käuferinnen und Käufer an Zertifikate stellen sollten, sind demnach: Hätte das Klimaschutzprojekt, für das ich mit dem Zertifikat zahle, sowieso stattgefunden oder wird es erst durch die Zertifikate ins Leben gerufen? Werden die Emissionsminderungen aus dem Klimaschutzprojekt realistisch abgeschätzt?
Darüber hinaus sind folgende Fragen relevant für die Qualität der Projekte: Ist die Permanenz der Emissionsminderungen gewährleistet? Das heißt: Wie gut wird sichergestellt, dass ein neu gepflanzter Wald stehen bleibt? Und über welchen Zeitraum muss eine mögliche Abholzung wieder ausgeglichen werden: über fünf oder hundert Jahre? Wird gewährleistet, dass Emissionsminderungen nicht doppelt angerechnet werden? Dies kann zum Beispiel passieren, wenn sich nicht nur die, die das Zertifikat kaufen, sondern auch der Staat, in dem das Projekt umgesetzt wird, die Minderungen auf sein Klimaziel anrechnet.
Wann Zertifikate genutzt werden sollten und wann nicht
Grundsätzlich sollte vor der Kompensation immer gefragt werden, welche Emissionen überhaupt verursacht werden müssen, welche ganz vermieden und welche wie anderweitig gemindert werden können.
Außerdem darf Kompensation nicht zum „Greenwashing“ missbraucht werden: Schneider erklärt am Beispiel Kraftstoff, wie Kompensation Klimaschutz untergraben kann. Wird zum Beispiel beim Kauf von Benzin oder Diesel eine Kompensation für einen sehr geringen Betrag angeboten, kann es dazu führen, dass Fahrerinnen und Fahrer denken: „Meine Emissionen werden ja ausgeglichen, also kann ich unbeschwert mein Auto nutzen.“ Wichtiger wäre, zuerst auf eine emissionsfreie Fortbewegung wie Radfahren oder den ÖPNV zu setzen.
Nicht zuletzt macht Schneider das Konzept der „Klimaverantwortung“ stark: Das Konzept geht dabei komplett von dem Gedanken der CO2-Kompensation weg. Unternehmen könnten demnach ihre Emissionen so weit wie möglich reduzieren und darüber hinaus Beiträge zur Klimaschutzfinanzierung leisten, ohne den Anspruch an Klimaneutralität zu erheben.
Wissen statt Alltagsberatung
Der Podcast „Wenden bitte!“ des Öko-Instituts richtet sich an alle mit politischem und ökologischem Interesse aus Politik, Wissenschaft, Medien, NGOs und Öffentlichkeit. Den Podcast moderiert Nadine Kreutzer, Journalistin und Moderatorin unter anderem mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitsthemen. 45 bis 60 Minuten spricht sie mit Mandy Schoßig, Leiterin Öffentlichkeit & Kommunikation, und jeweils einem Gast über anstehende Nachhaltigkeitstransformationen – genug Zeit für die „Langstrecke der Umweltpodcasts“.
Episode 1: „Wie viel Klimaschutz kann die EU?“mit Sabine Gores, erschienen am 28. Januar 2022
Staffel 1 (2021)
Episode 2: „Wie geht es mit dem Flugverkehr nach Corona weiter?“mit
Jakob Graichen, erschienen am 21. Mai 2021
Der Podcast ist erhältlich auf allen gängigen Podcast-Portalen – etwa bei Apple Podcasts sowie bei Spotify
Zum Podcast auf der Website des Öko-Instituts mit Shownotes und weiteren Hintergrundinformationen
Ansprechpartnerin am Öko-Institut
Mandy Schoßig
Leiterin des Referats
Öffentlichkeit & Kommunikation
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 30 405085-334
E-Mail: m.schossig@oeko.de
Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.
www.oeko.de | blog.oeko.de | twitter.com/oekoinstitut | www.oeko.de/e-paper
Öko-Institut e.V. Mandy Schoßig Öffentlichkeit & Kommunikation Borkumstraße 2 D-13189 Berlin Tel: +49 30 405085-334 m.schossig@oeko.de